Sanierte Altlast V1: Chemische Fabrik Eberle

Der Altstandort "Chemische Fabrik Eberle" befindet sich in der Gemeinde Hard rund 1 km südlich der Einmündung der Bregenzer Ache in den Bodensee. Im Zeitraum von etwa 1907 bis 1993 wurden Textilhilfsmittel zur Textilveredelung hergestellt. Es wurden verschiedenste Chemikalien (z.B. Säuren, Lösungsmittel) und Produktionsmittel (z.B. Mineralöl) verarbeitet und gelagert. Im Bereich des Betriebstandortes befanden sich neben den unmittelbaren Produktionsstätten daher auch Lagerflächen und Umschlagplätze für Chemikalien.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Bregenz,
Hard,
Hard,
2130, 2134, 2509, 2586/1
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: sonstige Textilindustrie
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination,
erhebliches Risiko Grundwasser
Fläche Altlast (m²): 6.400 m²
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
Mineralölkohlenwasserstoffe (Schmierstoffe/Hydrauliköle)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 10.09.1990
Datum der Prioritätenfestlegung: 28.06.1991
Priorität: 1
Datum Ausweisung dekontaminiert: 24.02.1997
Status Maßnahme: abgeschlossen
Art der Maßnahme: Dekontamination
Sanierungsverfahren: Pneumatische Maßnahmen (Bodenluftabsaugung),
Hydraulische Maßnahmen (pump & treat (GW-Sanierung)),
Räumung (Teilräumung, Behandlung und Verwertung am Standort),
ex-situ Maßnahmen (on-site) (Thermik)
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 24.09.1998

Der Standort befindet sich am Talboden des Rheintals. Der Untergrundaufbau wird von quartären Sedimenten geprägt. Unterhalb der bis zu 1 m mächtigen schluffigen Deckschicht befinden sich gut durchlässige sandige Kiese des Hauptgrundwasserleiters. Der mittlere Flurabstand des Grundwassers beträgt etwa 2,5 bis 3 m. Die Fließrichtung des Grundwassers ist generell nach Westnordwest gerichtet. Etwa 450 m nordöstlich der Altlast beginnt das Wasserschutzgebiet der Trinkwasserversorgungsanlage Hard. Der Altstandort befindet sich im Siedlungsgebiet von Hard.

Gefährdungsabschätzung

Bei der Produktion von Textilhilfsmitteln wurden verschiedenste Chemikalien, vor allem auch Lösungsmittel, verarbeitet und gelagert. Sowohl im Bereich der Produktionsräume als auch in den Lagerbereichen waren Verunreinigungen des Untergrundes durch leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) feststellbar.

Der Richtwert der CKW-Anlagenverordnung (BGBl. 27/1990) für CKW in der Bodenluft beträgt 10 mg/m³, der Sanierungsrichtwert des Bayrischen Wasserwirtschaftsamtes 50 mg/m³. Vom österreichischen Arbeitskreis "LHKW-belastete Böden" wurde im Jahr 1995 für wasserwirtschaftlich sensible Gebiete ein Sanierungsrichtwert für CKW von 10 mg/m³ in der Bodenluft empfohlen.

Die Analysenergebnisse der Bodenluftuntersuchungen aus dem Jahr 1990 stellen zum Teil massive Überschreitungen dieser Richtwerte dar und waren Hinweis für eine großflächige Verunreinigung des Untergrundes durch CKW. Hauptkomponenten dieser Verunreinigung waren Perchlorethylen und Trichlorethen.

Im Bereich des Produktionsgebäudes wurden in einer Tiefe von 3 bis 4 m extrem hohe Kohlenwasserstoffgehalte (max. 323.000 mg/kg TS) festgestellt. Von der Umweltbehörde Hamburg wurde im Jahr 1990 als Sanierungsrichtwert für Bodenbelastungen durch Mineralölkohlenwasserstoffe in wasserwirtschaftlich sensiblen Bereichen ein Gehalt von 500 bis 1.000 mg/kg TS vorge-schlagen. Die Analysenergebnisse der Bodenproben aus dem Grundwasserschwankungsbereich zeigten Überschreitungen dieses Richtwertes um mehr als das 100-fache. Ursache dieser Verunreinigung war vermutlich die Versickerung einer unbekannten Menge Spindelöl durch die kriegsbedingte Beschädigung eines Tankes.

Neben der großflächigen Verunreinigung des Untergrundes durch CKW und der Mineralölverunreinigung im Bereich des Produktionsgebäudes ergaben die Analysenergebnisse der Eluate von Bodenproben anhand erhöhter Meßwerte für Leitfähigkeit, Chlorid und Sulfat Hinweise auf Verunreinigungen des Untergrundes durch frühere Abwasserversickerungen und undichte Kanalsysteme.

In einem etwa 100 m grundwasserstromabwärts des Altstandortes gelegenen Brunnen konnten bereits im Jahr 1984 leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (74 µg/l Perchlorethylen) festgestellt werden. Die zulässige Höchstkonzentration (zHK) für Trinkwasser gemäß Kapitel B1 des Lebensmittelcodex beträgt für die Summe leichtflüchtiger halogenierter Kohlenwasserstoffe (LHKW) 30 µg/l bzw. für Perchlorethylen 10 µg/l. Diese Grenzwerte wurden im Jahr 1989 auch bei den Grundwasserproben im Bereich des Altstandortes deutlich überschritten. Bei niedrigen Grundwasserständen war ein Zustrom von Grundwasser aus dem Bereich des Altstandortes zu der etwa 750 m entfernten Trinkwasserversorgungsanlage der Gemeinde Hard möglich.

Die Unterlagen und Untersuchungsergebnisse zeigten, daß im Bereich des Altstandortes "Chemische Fabrik Eberle" eine massive Verunreinigung des Untergrundes durch halogenierte Kohlenwasserstoffe, insbesondere leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW), sowie Mineralölkohlenwasserstoffe vorhanden war. Durch diese Verunreinigungen wurde eine Beeinträchtigung des Grundwassers im Bereich eines zur kommunalen Trinkwasserversorgung genutzten Grundwasservorkommens verursacht.

Beschreibung der Sanierungsmaßnahmen

Im Zeitraum von 1991 bis Sommer 1994 wurde eine Dekontamination der CKW-Verunreinigung der wasserungesättigten Bodenzone in Form einer Bodenluftabsaugung durchgeführt. Gleichzeitig wurde von 1991 bis 1993 in den Kontaminationszentren der CKW-Verunreinigung Grundwasser entnommen und nach Reinigung durch eine Aktivkohleadsorptionsanlage in das öffentliche Kanalnetz eingeleitet.

Auf Grund einer geplanten Nutzungsänderung bzw. einer vorgesehenen Umwidmumg des Betriebsgeländes in Wohngebiet wurde im April 1995 mit weiterreichenden Sanierungsmaßnahmen begonnen. Ziel dieser Maßnahmen ist die Wiederherstellung eines Zustandes, der eine dauernde multifunktionale Nutzung des Standortes und der Schutzgüter erlaubt. Zu diesem Zweck wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Abbruch der bestehenden Betriebsgebäude und Betriebsanlagen sowie Trennung, Untersuchung und Entsorgung der anfallenden Bauschuttmassen
  • Aushub kontaminierter Untergrundbereiche
  • Reinigung der lösungsmittel- und der mineralölverunreinigten Bodenmaterialien in einer vor Ort aufgebauten, mobilen Desorptionsanlage (thermische Desorption) und Wiedereinbau des Bodenmaterials vor Ort
  • Entsorgung verunreinigter Bodenmaterialien soweit sie nicht in der Desorptionsanlage behandelt werden können und
  • Untersuchung gereinigter Bodenmaterialien vor Wiedereinbau

Die oberirdischen Gebäudeteile wurden im Zeitraum von März 1995 bis Juni 1995 rückgebaut und entfernt. Die unterirdischen Gebäudeteile (Fundamente, Keller und Hofentwässerung) wurden zwischen Jänner 1996 und April 1996 entfernt und entsorgt bzw. verwertet. Insgesamt wurden ca. 3.230 Tonnen Abbruchmaterial entfernt. Die unterschiedlichen Abbruchmaterialien (Verputz, Abbruchholz, Altmetall, Bauschutt und kontaminierte Bauteile) wurden getrennt und unterschiedlich behandelt bzw. entsorgt. Mehr als 50 % der anfallenden Baurestmassen konnten einem Bauschuttrecycling zugeführt werden.

Der Aushubes kontaminierten Untergrundes erfolgte im Bereich von rund 1.750 m². Die Endtiefe der Grube betrug zwischen 4 und maximal 7 m. Insgesamt wurden kontaminierte Böden im Ausmaß von rund 9.590 t in der Desorptionsanlage gereinigt. Es wurden dabei rund 12 Tonnen Schadstoffe (incl. ca. 50 % Wassergehalt) desorbiert. Ein qualitatives GC-MS-Screening an einer Probe aus dem Schwerstoffabscheider der Desorptionsanlage zeigte folgendes Muster:

  • Hauptkomponenten: Tetrachlorethen, Benzol
  • Nebenkomponenten: Trichlorethen, Toluol, Xylole, Alkane und Naphtalin

Die gewonnene Lösungsmittelfraktion wurde einem befugten Sammler übergeben.

Als Reinigungsanforderungen für den Wiedereinbau des gereinigten Bodens wurden folgende Schadstoffgehalte im Eluat als maßgeblich angesehen:

  • ausblasbare organische Halogene (POX) 0,03 mg/l
  • Kohlenwasserstoffe, gesamt 0,2 mg/l
  • Phenole (Phenolindex) 0,1 mg/l
  • leichtflüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe (BTX) 0,05 mg/l
  • polycyclische aromat. Kohlenwasserstoffe (PAK) 0,002 mg/l

Den begleitenden Kontrolluntersuchungen der gereinigten Bodenmaterialien entsprechend konnten rund 74 % wieder vor Ort eingebaut werden. Lediglich ca. 15 % des gereinigten Materials mußten auf eine Baurestmassendeponie und etwa 11 % mußten auf einer regionalen Abfalldeponie abgelagert werden.

Da auch im Zuge der begleitenden Kontrolle zu beobachten war, daß die Hauptkontaminationen generell im Grundwasserschwankungsbereich vorlagen, wurde im Kontaminationszentrum angepaßt an die jeweilige hydrologische Situation im Zeitraum von Mai 1995 bis November 1995 eine Grundwasserabsenkung bzw. - sanierung betrieben. Das Grundwasser wird aus 3 Grundwassersonden entnommen und über eine 2-stufige Absetzanlage mit Sandfilter sowie nachgeschaltetem Aktivkohlefilter gereinigt und nachfolgend in die öffentliche Kanalisation eingeleitet (Reinigungsanforderungen bzw. Einleitgrenzwerte: LHKW 0,1 mg/l, KW 5 mg/l).

Begleitend zur Grundwassersanierung wird eine Beweissicherung der Qualität des Grundwassers durchgeführt. Als Sanierungsziel für das Grundwasser wurden folgende Schadstoffgehalte als maßgeblich angesehen:

- Summe flüchtige Halogenkohlenwasserstoffe (LHKW) 18 µg/l

- Kohlenwasserstoffe, gesamt (KW) 60 µg/l

Die Ergebnisse der Beweissicherung der Grundwasserqualität im Abstrom des Altstandortes im Zeitraum Oktober 1995 bis Juli 1996 zeigen, daß die Sanierungsziele für das Grundwasser weitgehend erreicht bzw. eingehalten werden konnten und nur vereinzelt überschritten wurden.

 

Datum der Texterstellung:     Februar 1997