Altlast O86: Chemiepark Linz - Pflanzenschutzmittelproduktion

Im nordöstlichen Bereich des Altstandortes „Chemiepark Linz“ werden seit den 1970er-Jahren auf einer Fläche von rund 55.000 m² Produktionsanlagen für Pflanzenschutzmittel betrieben. Im Zuge der Betriebstätigkeit kam es zu einem sehr hohen Schadstoffeintrag in den Untergrund, der im Grundwasserabstrom der Anlagen zu einer massiven Grundwasserverunreinigung durch Herbizide und Chlorbenzole geführt hat.

Die im Grundwasser transportierten Frachten dieser beiden Schadstoffgruppen sind äußerst hoch und wurden bis vor wenigen Jahren über eine Drainage direkt in die Donau abgeleitet. Seit dem Jahr 2016 wird im unmittelbaren Abstrom der Anlagen ein Sperrbrunnen betrieben, durch den ein Teil der bestehenden Schadstofffahne erfasst wird. Darüber hinaus sind im weiteren Abstrom der Anlagen keine Grundwassernutzungen vorhanden. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich für den Bereich der Pflanzenschutzmittelproduktion die Priorität 1.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Linz,
Linz,
Lustenau,
1625/28, 1625/32, 1625/48, 1625/86, 1625/105, 1625/110, 1625/112
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittelerzeugung
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 53.000 m²
Volumen Altlast (m³): 25.000 m³
Schadstoff(e) Schwer abbaubare organische Schadstoffe (Pestizide)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.06.2022
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.06.2022
Priorität: 1
Status Maßnahme: in Planung
Art der Maßnahme: Sicherung

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Gesamtbetrieb

Der etwa 900.000 m² umfassende Altstandort „Chemiepark Linz“ befindet sich im Osten der Stadt Linz direkt an der Donau.

Die im Jahre 1939 gegründeten „Stickstoffwerke Ostmark AG“ nahmen auf dem Areal des heutigen Chemieparks 1942/43 den Betrieb auf. Nach dem 2. Weltkrieg gingen sie in das Eigentum der Republik Österreich über und wurden in „Österreichische Stickstoffwerke AG“ sowie 1973 in „Chemie Linz AG“ umbenannt. Ende der 1970er-Jahre waren rund 7.500 Personen im Unternehmen beschäftigt. In den späten 1980er-Jahren wurden einzelne Unternehmensbereiche als Tochtergesellschaften einer übergeordneten „Chemie Holding AG“ ausgelagert (Chemie Linz, Agrolinz, CL Pharma), 1990 erfolgte die Privatisierung der gesamten Holding. Derzeit werden die Produktionsanlagen auf dem Altstandort von einer größeren Anzahl an Firmen betrieben.

In den ersten Betriebsjahren wurden vor allem Pflanzendünger wie Kalkammonsalpeter produziert. Im Laufe des 2. Weltkrieges wurde neben Düngemitteln zunehmend Salpetersäure und daraus Sprengstoff produziert. Ebenso wie das südlich gelegene Stahlwerk wurde der Betrieb in den Jahren 1944 und 1945 bombardiert, die Schäden waren aber vergleichsweise geringer.

 

Bis in die 1970er-Jahre wurde die Produktpalette laufend erweitert, darunter weitere Düngemittel, Chlorethan und Lachgas als Narkosemittel, Sulfonamid als Ausgangsstoff für Heilmittel, Nitrobenzol für die Farben- und Seifenindustrie, Anilinsalz für Färbereien, Leim, Chromalaun als Gerbstoff, Weichmacher, Natriumbisulfit und Schwefelsäure. Ende der 1950er-Jahre startete zudem die Produktion von Pharmazeutika, Kunststoffen und Chemiefasern. Im Jahre 1958 ging die Harnstoffanlage in Betrieb, 1965 folgte die Phosphorsäureanlage. Ab 1967 wurde aus Harnstoff Melamin hergestellt. Auf dem Standort wurde auch 2,4,5-Trichlorphenol produziert. Die entsprechende Anlage wurde nach dem Jahr 1976 geschlossen.

Im Jahr 1970 war die Düngemittelproduktion mit knapp 50 % am Umsatz des Standortes beteiligt. Die andere Hälfte entfiel auf Pflanzenschutzmittel, Chemikalien und Katalysatoren, Kunststoffe, Weichmacher, Klebstoffe sowie Pharmazeutika.

Im Jahr 1985 betrug der Anteil der Düngemittel noch etwa 30 % des Umsatzes. Kunststoffe, Fasern und Vliese nahmen ebenfalls rund 30 % ein, Pflanzenschutzmittel 8 % und der Pharmabereich 3 %. Ein Viertel entfiel auf diverse anorganische und organische Produkte und Kunststoffvorprodukte.

Produktion von Pflanzenschutzmitteln (PSM)

Der Bereich der Pflanzenschutzmittelproduktion befindet sich im nordöstlichen Teil des Chemieparks und umfasst eine Fläche von etwa 55.000 m².

Erste Versuche zur Produktion von Pflanzenschutzmitteln wurden 1953 mit der Errichtung einer Technikums-Anlage zur Herstellung des Herbizids Pyridat aufgenommen. Im Jahr 1976 begann der Aufbau der großtechnischen Pyridatproduktion im nordöstlichen Teil des Betriebsareals auf dem ehemaligen Standort der Schwefelsäureanlage. Spätestens ab 1983 wurde in diesem Bereich Pyridat in großen Mengen hergestellt. Der Wirkstoff dürfte aber auch schon in den 1970er-Jahren produziert und unter dem Handelsnamen „Lentagran“ vertrieben worden sein.

Aus den ausgewerteten Unterlagen und diversen Literaturquellen (siehe Anhang) lässt sich ableiten, dass auf dem Altstandort bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren neben Pyridat andere Pflanzenschutzmittel in größeren Mengen produziert wurden. Dazu zählen folgende:

  • Phenylharnstoffherbizide
    • Fluometuron
    • Chlortoluron
    • Bromoxynil in Mischung mit Pyridat: „Duogran“; in Mischung mit Ioxynil und Fluroxypyr: „Tristar“
  • Organochlorinsektizide
    • Lindan (γ-Hexachlorcyclohexan; γ-HCH): Edukt: Benzol; unerwünschte α-HCH und β‑HCH wurden zu Trichlorbenzol umgewandelt
  • Triazin-Herbizide
    • 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure (2,4-D; „Dicopur“): Edukt: 2,4-Dichlorphenol
    • Alachlor („Trilox“)
  • Andere Pflanzenschutzmittel
    • Dimethachlor, Napropamid, Clomazon: „Trio“
    • Cuproxat (i. e. tribasisches Kupfersulfat)
    • Chlorcholinchlorid (CCC; Chlormequatchlorid; Wachstumsregulator „Stabilan“): seit den 1960er-Jahren

Der Produktionszeitraum einiger Pflanzenschutzmittel kann aus dem Produktionszeitraum ähnlicher Wirkstoffe bzw. ihrer Ausgangstoffe abgeleitet werden. Dies ist beispielsweise der Fall für:

  • Weitere Phenylharnstoffherbizide, wie z. B. Diuron, Monuron, Isoproturon: Harnstoff wird seit Ende der 1950er-Jahre (siehe 2.1.1) produziert, die Phenylharnstoffherbizide Fluometuron, Chlortoluron, Bromoxynil und Ioxynil spätestens seit den 1980er-Jahren (siehe oben)
  • 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure (2,4,5 T): Ausgangsstoff 2,4,5-Trichlorphenol wurde bis 1976 hergestellt

Für einige Pflanzenschutzmittel kann der Produktionszeitraum anhand der vorliegenden Unterlagen nicht näher eingegrenzt werden. Dazu zählen:

  • Glyphosat (Markteinführung: 2. Hälfte 1970er-Jahre): Produktion im Chemiepark wahrscheinlich erst nach 1995
  • Clopyralid (Markteinführung: 1975)
  • Dicamba (Markteinführung: 1965)
  • Mecoprop (MCPP)
  • 2-Methyl-4-chlorphenoxyessigsäure (MCPA; Synthese 1946)
  • Dichlorprop (2,4-DP)
  • 4-(2,4-Dichlorphenoxy)buttersäure (2,4-DB)
  • 4-(4-Chlor-2-methylphenoxy)butansäure (2,4-MCPB; Zulassung: 1964)

Darüber hinaus ist anzunehmen, dass seit den 1980er-Jahren weitere Pflanzenschutzmittel produziert wurden, über deren Art und Mengen jedoch keine Informationen vorliegen.

Bei der Herstellung von einigen der genannten Pflanzenschutzmittel, u. a. bei der Synthese von Pyridat, fielen als Zwischenprodukte Chlorbenzole in großen Mengen an. Mono- und Dichlorbenzole wurden auch als Edukte zur Synthese höherchlorierter Benzole (Tri- und Tetrachlorbenzole) eingesetzt.

Folgende Schadensfälle sind im Bereich der PSM-Anlagen bekannt:

  • Im Bereich des Baues 517a im nordöstlichen Randbereich der PSM-Produktion trat vor 1995 ein Methylaminschaden auf, in dessen Folge es zu einem Bodenaustausch kam.
  • Ebenfalls vor 1995 wurde beim Bau 518b südöstlich der Pyridatanlage ein alter, seit längerem defekter Trichlorbenzoltank mit einer dichten Wanne versehen.

Im Jahre 2016 kam es im Bereich der PSM-Produktion zu einem Schadensfall, aufgrund dessen im Grundwasserabstrom der Anlagen ein Sperrbrunnen errichtet wurde (Brunnen B35).

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort befindet sich im Bereich der ehemaligen Auterrasse der Donau. Der natürliche Untergrund im Bereich der Terrasse besteht aus oberflächennahen feinkörnigen Deckschichten (Ausande und Aulehme), die von quartären kiesig-sandigen Sedimenten als Grundwasserleiter und feinkörnigen, tertiären Sedimenten (Schlier) als Grundwasserstauer unterlagert werden. Im Zuge der industriellen Erschließung des Standortes erfolgten in weiten Bereichen bis zu 3 m mächtige künstliche Anschüttungen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass im gesamten Bereich des Altstandortes der natürliche Untergrund durch anthropogene Aufschüttungen überdeckt ist oder dass auch die feinkörnigen natürlichen Deckschichten zum Teil ersetzt wurden.

Die Geländeoberfläche befindet sich etwa auf 253 m bis 255 m ü. A. Ab einer Tiefe von 3 m bis 7 m stehen sandige Kiese an, bei denen es sich um quartäre, fluviatile Sedimente handelt, die sehr gut durchlässig sind. Der Grundwasserspiegel befindet sich generell rund 5 m bis 7 m unter Gelände (rund 248 m bis 250 m ü. A.). Die Aquiferbasis zeigt im Untersuchungsbereich kein ausgeprägtes Relief und liegt zum Großteil auf einem Niveau von 238 m bis 241 m ü. A. Die Aquiferbasis fällt nach Osten zur Donau, aber auch gegen Nordwesten hin ab. Gegen Südwesten ist ein Anstieg der Aquiferbasis auf über 244 m ü. A. zu beobachten. Im Schlierrelief ausgebildete Längsstrukturen ziehen von Nordwesten nach Südosten. Die Grundwassermächtigkeit beträgt bei mittlerem Grundwasserstand 8,5 m bis 10 m.

Generell strömt das Grundwasser aus der Welser Heide kommend nach Osten bzw. Nordosten in Richtung Donau. Seit der Errichtung des Donaukraftwerkes Abwinden-Asten im Jahr 1979 werden im Untersuchungsgebiet die Grundwasserstände durch Dichtwandumschließungen der Donau inkl. ihrer Hafenbecken sowie durch Pumpwerke reguliert, mittels derer das anströmende Grundwasser in die Donau übergeleitet wird. Dieser Aufstau der Donau führte zu einem Anstieg des mittleren Grundwasserspiegels im Bereich des Chemieparks um rund 1 m im Ostteil und bis zu 1,5 m im Westteil. Der Wasserspiegel der Donau liegt seit Kraftwerkserrichtung über dem Wasserspiegel des anströmenden Grundwassers. In aktuellen wasserwirtschaftlichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Dichtwände entlang der Donau keine vollständige Abdichtung bewirken und eine Infiltration von Donauwasser in das Grundwasser gegeben ist (entlang der Uferlinie des Chemieparks in Summe etwa 70 l/s). Insbesondere aus dem Bereich des nördlich gelegenen Tankhafens kommt es zu einer Infiltration von Donauwasser in das Grundwasser (z. B. im November 2018). Die Grundwasserstände unterliegen seit Fertigstellung des Donaukraftwerkes nur geringen jahreszeitlichen Schwankungen von 0,3 m bis 0,6 m.

Weiters werden die Grundströmungsverhältnisse durch das im Zuge der Sanierungsmaßnahmen an der Altlast O76 „Kokerei Linz“ betriebene „Funnel & Gate-System“ beeinflusst. Dabei wird das Grundwasser mittels einer Dichtwand, die bis in den Grundwasserstauer reicht (Funnel) zu den Gates geleitet. Die mit Aktivkohle befüllten Gates ermöglichen an definierten Bereichen ein Durchströmen des Grundwassers von der Kokerei in Richtung Chemiepark und gleichzeitig eine Adsorption der im Grundwasser transportierten Schadstoffe (vornehmlich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe – PAK). Insgesamt befinden sich entlang der Nordgrenze der Altlast „Kokerei Linz“ 12 Gates.

Im Osten entlang der Donau wird das Grundwasser über eine ca. 650 m lange Drainage gefasst und über den Drainagebrunnen B147a in die Donau geleitet. Aufgrund der Grundwasserdynamik schwankt die Fördermenge des Drainagebrunnens um einen Faktor von mehr als 2 (z. B. 73 l/s im März 2014 vs. 167 l/s im Juni 2013), wobei die höchsten Entnahmemengen in den Sommer- und Herbstmonaten registriert werden, die geringsten im Frühjahr. Im langjährigen Durchschnitt ergibt sich eine Fördermenge von rund 90 l/s.

Im Zuge von Pumpversuchen wurden folgende hydraulische Durchlässigkeiten im Bereich des Altstandortes ermittelt:

  • Nordteil: 2,0 E-04 bis 4,0 E-03 m/s
  • Zentralteil: 1,0 E-04 bis 2,0 E-03 m/s
  • Südteil: 1,0 E-03 bis 5,0 E-03 m/s

Im Abstrom der PSM-Produktion bewegten sich die kf-Werte zwischen 2 E-04 m/s und 2 E‑03 m/s.

Das hydraulische Gefälle ist z. T. sehr gering, im westlichen Teil beträgt es nur rund 0,7 ‰, im nordöstlichen Teil (Pflanzenschutzmittelproduktion) 2 ‰ und im südöstlichen Teil Richtung Drainage bis zu 3 ‰. Die effektive Porosität der quartären Kiese im Bereich der Linzer Bucht beträgt rund 0,2 bis 0,25.

Im Bereich der PSM-Produktionsanlagen kann der spezifische Grundwasserdurchfluss mit rund 1 m³ pro Tag und Querschnittsmeter abgeschätzt werden. Bei einer Abstrombreite von rund 200 m ergeben sich dadurch 200 m³/d.

Entsprechend dem hohen Bebauungs- und Versiegelungsgrad ist auf dem gesamten Standort, und insbesondere auch im Bereich der PSM-Produktion, mit einer geringen Grundwasserneubildungsrate zu rechnen, sodass das Verdünnungspotential des Grundwassers gegenüber dem Sickerwasser als hoch anzunehmen ist.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort „Chemiepark Linz“ befindet sich in einer industriell geprägten Umgebung. Südlich des Altstandortes liegt das Eisen- und Stahlwerk der Voestalpine mit der Altlast O 76 „Kokerei Linz“, die vom Chemiepark durch die Steyregger Bundesstraße (B3) und eine Eisenbahnlinie (Summerauer Bahn) getrennt wird. Östlich des Areals fließt die Donau Richtung Süden. Im Norden liegt ein Hafenbecken der Donau („Tankhafen“). Westlich wird der Chemiepark von industriell und gewerblich genutzten Arealen begrenzt.

Auf dem Standort des Chemieparks befinden sich neben den Produktions- und Lagergebäuden für Ausgangsstoffe und Produkte, zahlreiche Verwaltungs- und Laborgebäude, Werkstätten, Verkehrs- und Grünflächen sowie im nordöstlichen Bereich ausgedehnte Gleisanlagen. Südlich der Gleisanlagen befindet sich der Bereich der aktuellen und historischen Pflanzenschutzmittelproduktion. Der Bereich der PSM-Produktion selbst ist großteils bebaut oder versiegelt, nordwestlich an die Anlagen anschließend befindet sich eine rund 4.000 m² große innerbetriebliche Grünfläche.

Mittel- bis langfristig kann davon ausgegangen werden, dass auf dem gesamten Areal und seinem Umfeld die industrielle Nutzung bestehen bleibt.

Entsprechend der industriellen Nutzung des Altstandortes und seiner Umgebung bestehen im Bereich des Chemieparks und in seinem Grundwasserabstrom keine Wasserrechte zur Entnahme von Trinkwasser. Im Bereich des Standortes werden einige Brunnen zur Wasserhaltung bzw. zur Entnahme von Nutzwasser (z. B. für Kühlzwecke) betrieben.

 Aktuelle Grundwasserentnahmen im Bereich des Altstandortes „Chemiepark Linz“
Brunnen Entnahmemenge 2016-2019 [l/s] Lage
B25 (Absenkbrunnen) 3,7 - 4,4 Anstrom Chemiepark
B33 (Absenkbrunnen) 1,0 - 1,2 Anstrom Chemiepark
B35 (Sanierungsbrunnen) ca. 3 Abstrom PSM-Produktion
B88 (Nutzwasserbrunnen) 2,9 - 3,6 Anstrom Chemiepark
B92 (Nutzwasserbrunnen) 4,0 - 5,3 (max. Konsenswassermenge: 67) Anstrom Chemiepark
B147a (Drainagebrunnen) bis 200 
2013/2014: 73 - 167 (Mittelwert 100) 
Mittelwert 1995-2004: 130

Östliche Grenze Chemiepark
(Ableitung in die Donau)

Nördlich des Drainagebrunnens wurde zudem bis 2019 der Nutzwasserbrunnen B144 betrieben, der mittlerweile stillgelegt und rückgebaut wurde. Der im Zuge eines Vorfalls bei der Harnstoffanlage errichtete Sperrbrunnen, der in unmittelbarer Nähe zur Messstelle B423a liegt, ist ebenfalls nicht mehr in Betrieb.

Mittels der Drainage und des Drainagebrunnens B147a sowie der niveaugesteuerten Absenkbrunnen im Anstrom wird der Grundwasserspiegel abgesenkt und annähernd konstant gehalten. Das über den Brunnen B147a abgepumpte Drainagewasser wird direkt in die Donau geleitet.

Der Sanierungsbrunnen B35 wurde im Zuge eines Vorfalls im Bereich der Pflanzenschutzmittelproduktion im Jahre 2016 als Sperrbrunnen errichtet. Das geförderte Grundwasser wird in den sogenannten „Biokanal“ abgeleitet. In diesen Kanal werden auch die überwiegend organisch belasteten Abwässer aus den Produktionsanlagen, den Laboratorien sowie in geringerem Umfang auch aus den Sanitäreinrichtungen aller am Chemiepark Linz angesiedelten Firmen eingeleitet und der werksinternen Biologischen Abwasservorreinigung (BAV) zugeführt. Das Rohrleitungsnetz des Biokanals umspannt nahezu den gesamten Chemiepark.

Die überwiegend häuslichen Abwässer der im südwestlichen Teil des Chemieparks liegenden Verwaltungsgebäude werden über die öffentliche Kanalisation entsorgt.

Für Kühlzwecke wird Oberflächenwasser aus der Donau entnommen, mechanisch gereinigt und über ein dichtes Netz im Chemiepark an die Abnehmer verteilt. Dieses Wasser wird hauptsächlich zur Prozesskühlung herangezogen und nach Nutzung über den Kühlwasserkanal und ein Auslaufbauwerk wieder in die Donau abgeleitet. In den Kühlwasserkanal wird zudem ein Teil der anfallenden Oberflächenwässer im Chemiepark eingeleitet, die restlichen Oberflächenwässer fließen in den Bio- bzw. in den öffentlichen Kanal.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Der etwa 900.000 m² umfassende Altstandort „Chemiepark Linz“ befindet sich im Osten der Stadt Linz direkt an der Donau in einer industriell geprägten Umgebung. Südlich an den Standort angrenzend liegt die Altlast „Kokerei Linz“, in deren nach Nordosten gerichteten Grundwasserabstrom Mitte der 2010er-Jahre eine durchströmte Reinigungswand errichtet wurde.

Auf dem Standort des Chemieparks werden seit den Jahren des 2. Weltkrieges unterschiedlichste chemische Erzeugnisse hergestellt. Anfangs war dies hauptsächlich stickstoffhältiger Pflanzendünger („Stickstoffwerke“), im Laufe der Zeit kamen unter anderen chemische Grundstoffe, wie Schwefel- und Salpetersäure, Melamin und andere Kunststoffe, Kunststoffvorprodukte und Weichmacher, Fasern und Vliese sowie Pharmazeutika hinzu. Die Pflanzenschutzmittelproduktion startete in den 1970er-Jahren mit der Herstellung des Herbizids Pyridat im nordöstlichen Bereich des Chemieparks. Im Jahr 1985 betrug der Anteil der Pflanzenschutzmittel (PSM) an der Produktion im Chemiepark etwa 8 %. Der Bereich der PSM-Produktion nimmt etwa eine Fläche von 55.000 m² ein.

Der Untergrund ist im Bereich des Altstandortes von quartären kiesig-sandigen Sedimenten als Grundwasserleiter geprägt, die von feinkörnigen, tertiären Sedimenten (Schlier) als Grundwasserstauer unterlagert werden. Generell ist der etwa 8,5 m bis 10 m mächtige, ergiebige Grundwasserstrom nach Osten bzw. Nordosten in Richtung Donau gerichtet. Seit der Errichtung des Donaukraftwerkes Abwinden-Asten im Jahr 1979 wird der Grundwasserstand durch Dichtwandumschließungen entlang der Donau und durch Pumpwerke reguliert. Im Osten entlang der Dichtwand zur Donau befindet sich eine Drainage, von der aus das Grundwasser über den Drainagebrunnen B147a in die Donau abgeleitet wird. Der Grundwasserflurabstand beträgt im Bereich der PSM-Produktion rund 5 m bis 7 m, der hydraulische Durchfluss 200 m³/d.

Entsprechend der industriellen Nutzung des Altstandortes und seiner Umgebung bestehen im Bereich des Chemieparks keine Wasserrechte zur Entnahme von Trinkwasser.

Zur Untersuchung des Altstandortes und seiner Auswirkungen auf die Umwelt wurden seit 1998 in vier Phasen Grundwasseruntersuchungen durchgeführt, zuletzt 2018 bis 2021 an insgesamt rund 90 Messstellen – davon etwa 35 im Bereich der PSM-Produktion und ihrem An- und Abstrom. Untergrunduntersuchungen konnten aufgrund der komplexen Einbautensituation mit zahlreichen unterirdisch verlegten Ver- und Entsorgungsleitungen und der Sensibilität der Produktionsanlagen nur stichprobenartig in ausgewählten Bereichen durchgeführt werden.

Die Grundwasseruntersuchungen ergaben im östlichen Teil und im Abstrom der PSM-Produktionsanlagen eine massive Belastung des Grundwassers durch Pflanzenschutzmittel, fast durchwegs Herbizide, und Chlorbenzole.

Die PSM-Konzentrationen schwanken stark und liegen maximal bei 430 µg/l. Damit überschreiten die Maximalkonzentrationen den Parameterwert der Trinkwasserverordnung für „Pestizide insgesamt“ von 0,5 µg/l fast um den Faktor 900. Als relevante Einzelsubstanzen konnten die Herbizide Fluometuron, Chlortoluron und Glyphosat, jeweils mit Konzentrationen teilweise über 100 µg/l, sowie die Herbizide Diuron, Clopyralid, Dicamba und Mecoprop (MCPP) und der Pyridat-Metabolit CL9673 identifiziert werden. Im Abstrom der PSM-Anlagen befindet sich ein aufgrund eines einige Jahre zurückliegenden Schadensfalles errichteter Sperrbrunnen (Brunnen B35; 3 l/s), durch den der überwiegende Teil der Schadstoffe erfasst wird. Die abgepumpten Wässer werden der werksinternen Abwasserreinigung zugeführt. Die über diesen Brunnen sowie die über einen Immissionspumpversuch an einer benachbarten Messstelle im Grundwasserabstrom der PSM-Produktion transportierte PSM-Fracht kann in Summe grob mit 50 g/d abgeschätzt werden. Auch die Chlorbenzolkonzentrationen schwanken stark und liegen bei maximal 330 µg/l, wobei fast ausschließlich Mono- und Dichlorbenzole nachzuweisen sind. Die damit korrespondierenden Frachten können mit rund 10 g/d abgeschätzt werden. Sowohl die PSM- als auch die Chlorbenzolfrachten liegen damit deutlich über den als erheblich zu bewertenden Schadstofffrachten, die für PSM 0,25 g/d und für Chlorbenzole 0,8 g/d betragen.

Desphenyl-Chloridazon, ein Metabolit des Herbizids Chloridazon, ist fast flächendeckend auf dem gesamten Chemieparkareal mit einer mittleren Konzentration von ca. 0,2 µg/l im Grundwasser nachzuweisen.

Die sehr hohen PSM- und Chlorbenzolkonzentrationen sowie die damit korrespondierenden Frachten im Grundwasser lassen auf einen äußerst hohen Schadstoffeintrag aus diesem Bereich und damit auf eine massive Kontamination des Untergrundes durch PSM und Chlorbenzole im Bereich der PSM-Produktion schließen.

In Bezug auf Ammonium sind zahlreiche Prüfwertüberschreitungen festzustellen, die aber teilweise bereits im Anstrom nachzuweisen sind. Die über den Sperrbrunnen abgeleitete Ammoniumfracht kann mit rund 1.200 g/d abgeschätzt werden und liegt damit in der Größenordnung einer als erheblich zu beurteilenden Fracht von 1.000 g/d. Ähnliches gilt für Arsen: Hier wird im Bereich der PSM-Anlagen der Prüfwert an mehreren Messstellen deutlich überschritten und die über den Sperrbrunnen geförderte Fracht entspricht mit 4,9 g/d ungefähr der als erheblich zu klassifizierenden Fracht von 5 g/d. Anders als im Falle von Ammonium ist jedoch im Grundwasseranstrom keine relevante Arsenbelastung feststellbar.

Die Cyanid-, Sulfat- und Chloridkonzentrationen bewegen sich im Bereich der jeweiligen Prüfwerte der ÖNORM S 2088-1.

Leicht flüchtige chlorierte und aromatische Kohlenwasserstoffe sind nur in geringen Konzentrationen nachzuweisen, die durchwegs unter den jeweiligen Prüfwerten liegen. In Hinblick auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe ist ein deutlicher Rückgang der Konzentrationen seit Beginn der Untersuchungen Ende der 1990er-Jahre zu beobachten, der auf die Errichtung der durchströmten Reinigungswand im Abstrom der Altlast „Kokerei Linz“ zurückzuführen ist.

Aufgrund der Abdichtungsmaßnahmen entlang der Donau sind im Abstrom des Chemieparks Wasserhaltungsmaßnahmen notwendig. Schadstoffbelastetes Grundwasser wird über eine Drainage erfasst und über einen Brunnen ungereinigt in die Donau abgeleitet. Als relevante Stoffgruppen können in diesem Zusammenhang PSM und Chlorbenzole sowie Arsen und Cyanide identifiziert werden. Im Drainagebrunnen, der etwa 300 m von den PSM-Anlagen entfernt ist, betrugen die maximalen Konzentrationen zuletzt (2018-2021) für PSM 1,4 µg/l, für Chlorbenzole 0,31 µg/l, für Arsen 7,8 µg/l und für Cyanid (gesamt) 27 µg/l. Aufgrund der hohen Förderrate des Brunnens von im Mittel 90 l/s liegen die in die Donau abgeleiteten PSM-Frachten durchschnittlich bei rund 12 g/d, diejenigen für Chlorbenzole bei 0,4 g/d, die Arsenfrachten bei 72 g/d und die Cyanidfrachten bei 200 g/d. Für die maximale Förderrate im Beobachtungszeitraum von 170 l/s (2013/2014) ergeben sich im Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ in etwa doppelt so hohe Frachten, d. h. rund 23 g/d für PSM, rund 0,8 g/d für Chlorbenzole, rund 140 g/d für Arsen und rund 380 g/d für Cyanid (gesamt).

Um zu überprüfen, ob die aktuell eingeleiteten Schadstofffrachten eine Gefährdung für die Donau darstellen, wird – ausgehend vom Niederwasserdurchfluss der Donau bei Linz von rund 800 m³/s – angenommen, dass eine Durchmischung der eingetragenen Schadstofffrachten nach kurzer Fließstrecke stattfindet und dazu etwa 5 % des Niederwasserdurchflusses (40 m³/s) als Einmischvolumen zur Verfügung stehen. Für die Summe aller analysierten PSM (23 g/d) ergibt sich daraus in der Donau eine abgeschätzte Konzentration von 0,007 µg/l, für die Summe der Chlorbenzole (0,8 g/d; fast ausschließlich Mono- und Dichlorbenzole) von 0,0002 µg/l, für Arsen von 0,04 µg/l und für Cyanid (gesamt) von 0,1 µg/l.

Die Qualitätszielverordnung (QZV) Chemie Oberflächengewässer definiert Umweltqualitätsziele für ökotoxikologisch relevante Substanzen. In Bezug auf PSM sind in der QZV zwar zahlreiche Einzelstoffe berücksichtigt, jedoch nur ein Stoff (Diuron), der im konkreten Fall im Grundwasser nachgewiesen wurde. Ähnliches gilt für Chlorbenzole: Für die relevanten Stoffe Mono- und Di-chlorbenzole existieren in der QZV keine Umweltqualitätsnormen, sondern lediglich für Trichlorbenzole. Für Arsen ist eine zulässige Konzentration von 24 µg/l und für leicht freisetzbare Cyanide von 5 µg/l festgelegt.

Die strengsten Umweltqualitätsnormen für Stoffe aus der Gruppe der PSM sind für unterschiedliche Organochlorinsektizide (Summe aus Aldrin, Dieldrin, Endrin und Isodrin bzw. p,p‘-DDT) mit 0,01 µg/l festgelegt. Diese Konzentration liegt knapp über der abgeschätzten Konzentration für die Summe aller PSM in der Donau (0,007 µg/l). Darüber hinaus ist zu beachten, dass diese Insektizide eine toxikologisch höhere Relevanz aufweisen als die im Grundwasser des Chemieparks vorliegenden photosynthesehemmenden Herbizide Fluometuron und Chlortoluron sowie Glyphosat, das die Bildung eines spezifischen Enzyms in Pflanzen hemmt. Dementsprechend höher liegt auch die Umweltqualitätsnorm für das ebenfalls photosynthesehemmende Herbizid Diuron mit 0,2 µg/l. Dieser Wert liegt ca. um den Faktor 30 über der abgeschätzten Konzentration für alle PSM in der Donau.

Für Trichlorbenzole, deren toxikologische Relevanz höher zu bewerten ist als diejenige von den hauptsächlich nachzuweisenden Mono- und Dichlorbenzolen, ist in der QZV eine Umweltqualitätsnorm von 0,4 µg/l festgelegt. Dieser Wert liegt mehrere Zehnerpotenzen über der abgeschätzten Konzentration von Mono- und Dichlorbenzolen in der Donau (0,0002 µg/l). Auch die zulässige Konzentration für Arsen (24 µg/l) liegt mehr als zwei Zehnerpotenzen über der abgeschätzten Konzentration in der Donau (0,04 µg/l). Wird im Sinne einer weiteren „Worst-Case-Betrachtung“ die Umweltqualitätsnorm für leicht freisetzbare Cyanide (5 µg/l) der für die Donau abgeschätzten Konzentration für Cyanid (gesamt) von 0,1 µg/l gegenübergestellt, ergibt sich auch hier eine Unterschreitung von mehr als einer Zehnerpotenz.

Die für PSM, Chlorbenzole, Arsen und Cyanid ermittelten aktuell maximal möglichen Schadstoffkonzentrationen in der Donau sind daher auch bei einem sehr ungünstigen Szenario deutlich geringer als die zitierten Umweltqualitätsnormen für ökotoxikologisch relevante Substanzen der jeweiligen Schadstoffgruppe. Dementsprechend kann eine mehr als geringfügige qualitative Beeinflussung der Donau durch die Ableitung des verunreinigten Grundwassers aus dem Bereich des Chemieparks für diese Schadstoffgruppen ausgeschlossen werden. Es werden zwar sehr große Schadstoffmengen eingeleitet, jedoch ist aufgrund des großen Wasserdurchflusses der Donau ein äußerst großes Verdünnungspotenzial vorhanden, sodass derzeit bzw. seit Inbetriebnahme des Sperrbrunnens keine erhebliche Gefahr für das Oberflächengewässer gegeben ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass vor Inbetriebnahme des Sperrbrunnens im Jahre 2016 die PSM-Konzentrationen um etwa eine Zehnerpotenz höher lagen (Maximum: 11 µg/l im Jahre 2012) als in der jüngsten Untersuchungsphase. Aufgrund des eingeschränkten PSM-Parameterumfangs im Zuge des Monitoringprogramms von 2008 bis 2015 kann aber keine mit den jüngsten Werten vergleichbare Fracht abgeleitet werden, sodass für den Zeitraum vor 2016 eine qualitative Beeinträchtigung der Donau nicht ausgeschlossen werden kann.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im nordöstlichen Teil des Altstandortes „Chemiepark Linz“ das Grundwasser im Bereich der Pflanzenschutzmittelproduktion massiv durch Herbizide und Chlorbenzole verunreinigt ist. Damit ist ein sehr hoher Schadstoffeintrag in das Grundwasser – als Auswirkung einer erheblichen Kontamination des Untergrundes in diesem Bereich – nachgewiesen. Aktuell wird ein Teil der Schadstoffe durch einen Sperrbrunnen im Abstrom der PSM-Anlagen erfasst, ein signifikanter Teil wird jedoch nicht erfasst. Es ist anzunehmen, dass vor Inbetriebnahme des Sperrbrunnens die Schadstofffahne bis in den Bereich der Drainage bzw. zum Drainagebrunnen gereicht hat (maximal 300 m). Die stofflichen Eigenschaften der relevanten Schadstoffgruppen und die niederen Sauerstoffgehalte im Grundwasser schränken den natürlichen Schadstoffabbau prinzipiell ein. Aufgrund der im Grundwasser nachgewiesenen Stoffe und ihrer Produktions- bzw. Verwendungszeiträume sowie der dokumentierten Schadensfälle kann davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Verunreinigungen aus den 1970er- und 1980er-Jahren stammt und ein Teil jüngeren Ursprungs ist.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotential: äußerst groß

Auf dem Altstandort ist im Bereich der ca. 55.000 m² umfassenden Produktionsanlagen für Pflanzenschutzmittel (PSM) eine erhebliche Kontamination des Untergrunds durch Pflanzenschutzmittel und Chlorbenzole vorhanden. Auf Basis der vorliegenden Untersuchungsergebnisse kann das Volumen der Kontamination nicht genau abgeschätzt werden. Aufgrund der Intensität der Grundwasserverunreinigung und der betroffenen Abstrombreite kann von einem großen Volumen (> 25.000 m³) ausgegangen werden. Als relevante Stoffe können die Herbizide Fluometuron, Chlortoluron, Glyphosat und Diuron sowie Mono- und Dichlorbenzole identifiziert werden. Entsprechend ihren stofflichen Eigenschaften ist diesen Substanzen grundsätzlich ein hohes Gefährdungspotenzial für das Grundwasser zuzuordnen. Aufgrund des Ausmaßes und der Intensität der Kontamination und der Schadstoffeigenschaften ist das Schadstoffpotential insgesamt als äußerst groß zu bewerten.

Ausbreitung der Schadstoffe: weitreichend

Ausgehend von den Untergrundkontaminationen im Zusammenhang mit der PSM-Produktion hat sich im Grundwasser eine Schadstofffahne mit Herbiziden und Chlorbenzolen ausgebildet, deren ursprüngliche Länge von der Drainage im Osten des Chemieparkareals begrenzt wurde (ca. 300 m). Derzeit wird ein Teil der Schadstoffe durch einen Sperrbrunnen im Abstrom der PSM-Anlagen am Weitertransport gehindert, ein signifikanter Teil wird jedoch nicht erfasst. In Summe beträgt die im Grundwasserabstrom der PSM-Anlagen inkl. Sperrbrunnen pro Tag transportierte Schadstofffracht rund 20 g an Herbiziden und rund 0,8 g an Chlorbenzolen. Die Frachten beider Stoffgruppen sind als sehr groß zu klassifizieren. Aufgrund der stofflichen Eigenschaften der relevanten Schadstoffgruppen und der niederen Sauerstoffgehalte im Grundwasser ist der natürliche Schadstoffabbau prinzipiell eingeschränkt. Der sehr großen Schadstofffracht und der langen Schadstofffahne entsprechend ist die Schadstoffausbreitung insgesamt als weitreichend zu beurteilen.

Bedeutung des Schutzgutes: gut nutzbar

Im Bereich des Altstandortes liegt ein ergiebiges Grundwasservorkommen vor. Entsprechend der industriellen Nutzung des Altstandortes und seiner Umgebung bestehen aber keine Wasserrechte zur Entnahme von Trinkwasser. Das lokale Grundwasser wird im Anstrom entnommen und für Kühl- und Brauchwasserzwecke genutzt. Im Osten des Areals wird Grundwasser im Zuge von Wasserhaltungsmaßnahmen über eine Drainage erfasst und über einen Brunnen in die Donau abgeleitet. Unter Voraussetzung der Strömungs- und Nutzungsverhältnisse im Zeitraum der Untersuchungen ergeben sich für die bestehenden Nutzungen keine Einschränkungen.

Mittel- und langfristig ist keine Änderung der industriellen Nutzung des Standortes geplant oder zu erwarten. Eine Nutzung des Grundwassers zu kommunalen Wasserversorgungszwecken ist langfristig unwahrscheinlich. Im Rahmen der Studie „Grundwasserbewirtschaftung Linz“ wurde der Altstandort „Chemiepark Linz“ als Bereich vorgeschlagen, in dem weitere Grundwasserentnahmen wünschenswert sind.

Vorschlag Prioritätenklasse: 1

Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 1.

 

 

Datum der Texterstellung: November 2021