Altlast O57: Tontaubenschießplatz Kuchlmühle

Der "Tontaubenschießplatz Kuchlmühle" besteht seit 1955. Es wird Bleischrot als Munition verwendet. Auf Grund der Intensität der Nutzung des Schießplatzes kann davon ausgegangen werden, dass jährlich ca. 1 t Blei freigesetzt wurde, bzw. insgesamt mehr als 40 t. Durch die Verwitterung der Munition ist es zu massiven Verunreinigungen der obersten Bodenschichten durch Schwermetalle gekommen. Neben Blei wurden zum Teil auch stark erhöhte Gehalte für Arsen und Antimon nachgewiesen.

Da bei der Herstellung der verwendeten Tontauben Teer als Bindemittel verwendet wurde, muss außerdem davon ausgegangen werden, dass auch eine Anreichung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen eingetreten ist. Da der pH-Wert des Bodens sehr niedrig ist, ist auch bereits eine Verlagerung der Schwermetalle in größere Tiefen zu beobachten. Darüber hinaus konnte auch bereits eine fortschreitende Verteilung von Schadstoffen im lokalen Ökosystem beobachtet werden. Eine Anreicherung von Blei konnte sowohl bei Pilzen und Bodenorganismen unmittelbar am Standort als auch in den Sedimenten eines Baches sowie Köcherfliegenlarven nachgewiesen werden.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Perg,
Allerheiligen im Mühlkreis,
Lebing,
1407, 1410/1, 1411, 1421, 1424/2
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Fläche Altlast (m²): 38.000 m²
Schadstoff(e) Metalle (Arsen, Antimon, Blei)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 19.08.2002
Datum der Prioritätenfestlegung: 14.04.2003
Priorität: 3
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 14.04.2003

BESCHREIBUNG DES ALTSTANDORTES

Der Altstandort befindet sich etwa 1 km nördlich von Perg. Es handelt sich um einen ca. 2 ha großen Tontaubenschießplatz, der sich in einem Waldgebiet westlich der Naarn befindet. Der Schießplatz liegt auf einem generell nach Norden abfallenden Hang mit stark strukturierter Geländeoberfläche. In einer Entfernung von ca. 130 m nördlich des Schießstandes fließt ein unbenannter Bach Richtung Osten zur Naarn. Hinter dem Bach steigt ein bewaldeter Gegenhang Richtung Norden. Das Gelände ist nicht gegen Zutritt gesichert und wird von einem öffentlichen Weg gequert.

Der Tontaubenschießplatz wird seit dem Jahr 1955 betrieben. Die verwendeten Tontauben bestehen zu ca. 70 % aus Steinmehl und Zusätzen, die den Bearbeitungs- und Formungsprozess erleichtern, wobei in der Regel bis zu 30 % Steinkohlenpech oder Erdölpech als Bindemittel enthalten ist. Als Munition wird Bleischrot eingesetzt. Die Intensität der Schießplatznutzung liegt bei 1.000 Schuss pro Betriebstag, mit 30 Betriebstagen pro Jahr. Bei dieser Nutzungsintensität lässt sich in Bezug auf die freigesetzten Gesamtmengen an Schwermetallen abschätzen, dass jährlich etwa 1 t Blei sowie weitere Schwermetalle (z.B. Arsen, Antimon) im Ausmaß von ca. 50 kg im Bereich des Schießplatzes flächig zur Deposition kommen. Anhand der Reichweite und des Streuwinkels des Wurftaubengerätes ergibt sich eine betroffene Fläche von etwa 17.000 m2. Seit 1955 wurden auf dieser Fläche mehr als 40 t Blei in Form von Bleischrot freigesetzt.

Der Standort liegt am Südrand der Böhmischen Masse. Der Untergrundaufbau wird von Mauthausner Granit geprägt, der am Standort tiefreichend verwittert, stark zerklüftet und stellenweise von Talverfüllungen (Blockwerk) überdeckt ist. Als Bodentyp herrscht eine kalkfreie Braunerde vor. Die Humusschichte ist ungefähr 15 cm mächtig, der Granit steht in durchschnittlich 150 cm Tiefe an. Im südlichen Teil des Schießplatzes werden die kristallinen Festgesteine von einer eiszeitlichen Lehmschicht überlagert.

Die Durchlässigkeiten der oberen Bodenschichten sind mit 10-8 m/sec als sehr gering einzustufen, die darunter liegenden Verwitterungsschichten weisen mit kf-Werten von 1x 10-5 bis 4x10-6 m/s etwas höhere Durchlässigkeiten auf. Die Verwitterungsschicht der Mauthausner Granite stellt einen Kluftgrundwasserleiter dar. Im Bereich des Altstandortes existiert kein einheitlicher, durchgehender Grundwasserkörper. Das Verhalten des oberflächennah abfließenden Grundwassers wird von der jeweils vorherrschenden Klüftung bestimmt. Die Hauptrichtung der Klüfte verläuft von Norden nach Süden.

Der Altstandort befindet sich in einem Wald. Die nächsten Gebäude befinden sich etwa 500 m östlich des Standortes. Das Grundwasser im Bereich des Altstandortes wird nicht genutzt. Im Tal der Naarn befinden sich einzelne Hausbrunnen.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Der Tontaubenschießplatz wird seit dem Jahr 1955 betrieben. Durch den Einsatz von Bleischrot und PAK-haltigen Tontauben kommt es seit mehr als 40 Jahren zu einer fortgesetzten Freisetzung von Schadstoffen und einer entsprechenden Akkumulation im Oberboden. Die freigesetzte Bleimenge kann mit insgesamt mehr als 40 t abgeschätzt werden. In folgender Tabelle ist eine Gegenüberstellung von Messwerten und maßgeblichen Orientierungswerten gegeben.

Gegenüberstellung von Messwerten in der Humusauflage und maßgeblichen Prüfwerten

Parameter Parameter Messwerte1 Messwerte1 Prüfwerte Prüfwert
    Mittel Maxima Grundw.2 Pflanzen -Aufnahme3
Blei mg/kg TM 14.994 39.000 100 100
Arsen mg/kg TM 54,3 217 40 20

1 Messwerte Oberboden 0 bis 5 cm

2 Prüfwert lt. ÖNORM S 2088-1

3 Prüfwert lt. ÖNORM S 2088-2

In Bezug auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe liegen für den Standort keine Untersuchungsergebnisse vor. Eine Anreicherung von PAK im Oberboden kann jedoch grundsätzlich vorausgesetzt werden.

Aufgrund der Tatsache, dass der pH-Wert des Bodens im Bereich des Schießplatzes stark herabgesetzt ist, ist generell davon auszugehen, dass Schwermetalle nur in geringerem Umfang an der Bodenmatrix adsorbiert werden bzw. eine erhöhte Mobilität gegeben ist. Das wird auch durch die Ergebnisse der Eluatuntersuchungen sowie der Untersuchungen des Bodenwassers bestätigt. Insbesondere für Blei, aber auch für Arsen, konnten in den obersten Bodenschichten jeweils sehr stark erhöhte Gehalte beobachtet werden.

In nächster Tabelle sind die mittleren Eluatgehalte bzw. die mittleren Gehalte der Bodenlösung den Orientierungswerten der ÖNORM S 2088-1 gegenübergestellt.

 

Schwermetallkonzentrationen in Eluat und Sickerwasser

Eluat Eluat Bodenlsg. Bodenlsg. Bodenlsg. PW MSW
Blei Blei   *)MSt II Mst IV    
Tiefe mg/l Tiefe mg/l mg/l mg/l mg/l
0–5 cm 2,56 5 cm 1,51 12,6 0,1 0,5
5–10 cm 0,25 15 cm 0,15 1,46 0,1 0,5
10–20 cm 0,07 40 cm 0,004 0,004 0,1 0,5

 

Eluat Eluat Bodenlsg. Bodenlsg. Bodenlsg. PW MSW
Arsen Arsen   MSt II MSt IV    
Tiefe mg/l Tiefe mg/l mg/l mg/l mg/l
0–5 cm 0,1 5 cm 1,51 0,13     
5–10 cm 0,014 15 cm 0,15 0,005    
10–20 cm 0,002 40 cm 0,004 0,004    

 

MSt ... Messstelle PW ... Prüfwert (b) f. Bereiche ohne Grundwassernutzung

 

Aus voriger Tabelle geht die - v.a. in den obersten Bodenschichten - deutliche Überschreitung der Bodenlösungskonzentrationen und Eluatgehalte für Blei und Arsen hervor.

Bei geringen Bleigehalten sind die im Eluat ermittelten Schwermetallgehalte gegenüber den in situ ermittelten Konzentrationen der Bodenlösung erhöht und legen daher eine scheinbar höhere Schadstoffmobilität nahe.

Die Schwermetallgehalte (Blei, Arsen, Antimon) zeigten generell bei allen Bodenuntersuchungen ein deutliches Tiefenprofil, das durch ein Maximum an der Oberfläche und eine signifikante Abnahme über das Bodenprofil gekennzeichnet ist. Diese Ergebnisse bestätigen damit sowohl die am Standort gegebene erhöhte Mobilität der Schwermetalle als auch, dass es bereits zu einer Tiefenverlagerung der Schadstoffe kommt.

Im Bereich des Standortes ist kein zusammenhängendes Grundwasservorkommen vorhanden. Die Ergebnisse von Kontrolluntersuchungen an nahegelegenen Brunnen im Jahr 1992 waren unauffällig. Der Einzugsbereich dieser Brunnen kann jedoch nicht beurteilt werden. Insbesondere auf Grund der Ergebnisse der Untersuchungen des Bodenwassers im Zeitraum von 1994 bis 1996 zeigte sich jedoch, dass auf Grund der Rückhaltekapazität des Bodens bereits in weniger als 0,5 m Tiefe keine maßgeblich erhöhten Schwermetallgehalte zu beobachten waren. Ein erhöhter Eintrag von Schwermetallen ins Grundwasser ist daher im Bereich des Standortes zur Zeit nicht zu erwarten.

Durch die erhöhte Mobilität bzw. Wasserlöslichkeit kann es jedoch jedenfalls zu einer fortschreitenden Verteilung und Dispersion der Schadstoffe kommen. Gleichzeitig ist auch eine bessere Verfügbarkeit für Pflanzen und Organismen gegeben. Die Ergebnisse der Untersuchungen von Pilzen und Bodenorganismen im Bereich des Schießplatzes sowie die Ergebnisse der Untersuchungen von Sedimenten und Köcherfliegenlarven entlang eines Baches zeigten dementsprechend im Vergleich mit Untersuchungen an unbelasteten Bereichen, dass eine deutliche Anreicherung von Blei zu beobachten ist. Beeinträchtigungen des Pflanzenwuchses oder Biozönosen sind bisher nicht festzustellen. Allerdings ist der Nachweis gegeben, dass es zu einer fortschreitenden Verteilung der Schadstoffe im Ökosystem kommt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es am "Tontaubenschießplatz Kuchlmühle" seit 1955 zu einer Verunreinigung des Bodens durch Blei sowie Arsen, Antimon und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gekommen ist. Aufgrund der zum Teil sehr niedrigen pH-Werte des Bodens ist insbesondere bei den Metallen eine erhöhte Mobilisierung und Verfügbarkeit über das Sickerwasser gegeben. Eine Anreicherung von Blei in verschiedenen Pflanzen und Organismen konnte nachgewiesen werden. Die Verunreinigungen stellen eine erhebliche Gefährdung für das Schutzgut Boden und auch für das Schutzgut Grundwasser dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist der Boden. Die Gefährdung des Schutzgutes Grundwasser ist im Vergleich zum Schutzgut Boden für die Prioritätenklassifizierung von untergeordneter Bedeutung. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung in Zusammenhang mit dem Schutzgut Boden können wie folgt zusammengefasst werden.

Schadstoffpotenzial: sehr hoch

Der Boden ist mit Blei, Arsen, Antimon und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen verunreinigt. Insbesondere bei Blei werden verschiedene Bodenprüfwerte (Pflanzenaufnahme, Grundwasser) in weiten Bereichen um mehr als das 100-fache überschritten. Blei ist ein Schadstoff mit sehr hoher Stoffgefährlichkeit. Der verunreinigte Bereich ist mit einer Fläche von ca. 17.000 m² relativ groß, so dass das Schadstoffpotenzial insgesamt als hoch zu bewerten ist.

Schadstoffexposition: lokal

Auf Grund der niedrigen pH-Werte des Bodens ist eine erhöhte Mobilisierung von Blei gegeben. Eine entsprechende Verlagerung in größere Tiefen ist bereits eingetreten. Die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen zeigen außerdem eine Anreicherung von Blei sowohl bei Pilzen und Bodenorganismen am Standort als auch in den Sedimenten eines Baches sowie bei Köcherfliegenlarven. Eine Beeinträchtigung von Pflanzen oder Organismen ist zur Zeit nicht gegeben und auch mittelfristig nicht zu erwarten. Insgesamt ist somit die Schadstoffexposition von Pflanzen und Tieren relativ gering und nur lokal gegeben.

Schutzgut: forstwirtschaftliche Nutzung

Der Schießplatz und die Umgebung werden forstwirtschaftlich genutzt. Es ist somit keine Produktions- oder Lebensraumfunktion des Bodens gegeben.

Prioritätenklasse: 3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und der im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien erfolgt die Einstufung des Altstandortes "Tontaubenschießplatz Kuchlmühle" in die Prioritätenklasse 3.

 

Datum der Texterstellung: Juli 2002