Altlast N79: Lechnergrube

Eine etwa 220.000 m² große ehemalige Schottergrube wurde von 1970 bis 1999 mit rund 2 Mio. m³ Hausmüll, Bauschutt und Bodenaushubmaterial ohne technische Maßnahmen zum Grundwasserschutz und ohne Deponiegaserfassung verfüllt. Im zentralen und südöstlichen Bereich der Altablagerung wurden auf einer Fläche von 170.000 m² Abfälle mit einem hohen Hausmüllanteil in einem Ausmaß von rund 1,6 Mio. m³ abgelagert.

Dieser Teil der Ablagerung weist ein hohes Deponiegasbildungspotenzial und aufgrund des sehr großen Volumens insgesamt eine große Schadstoffmenge auf. Die aktuelle Deponiegasbildung ist hoch. Aufgrund der Nutzungssituation (keine unterirdischen Objekte) ergeben sich durch das Deponiegas keine unmittelbaren Gefahren. Ausgehend von den Ablagerungen wird der oberste Grundwasserhorizont, der vorwiegend aus Sickerwasser aus dem Ablagerungsbereich gebildet wird, deutlich verunreinigt. Die Schadstofffrachten im Grundwasser sind gering, die Schadstoffausbreitung ist begrenzt (ca. 100 m). Die Ablagerungsbereiche mit hohem Hausmüllanteil stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Bruck an der Leitha,
Schwechat,
Mannswörth,
634/4, 634/5, 639/1, 639/2, 639/3, 639/4, 640/1, 640/2, 645/1, 645/2, 645/3, 646/1, 646/2, 646/3, 651/2, 652
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altablagerung
Deponietyp: Kommunale Deponie
Art der Ablagerungen: Aushubmaterial/Abraum,
Bauschutt,
Hausmüll
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 180.000 m²
Volumen Altlast (m³): 1.600.000 m³
Schadstoff(e) Deponiegas
Datum Eintrag Altlastenatlas: 15.07.2016
Datum der Prioritätenfestlegung: 15.07.2016
Priorität: 3
Status Maßnahme: in Durchführung
Art der Maßnahme: Beobachtung

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Altablagerung

Die Altablagerung „Lechnergrube“ befindet sich unmittelbar angrenzend an die Bundesstraße B9 zwischen der Raffinerie Schwechat und dem Flughafen Wien Schwechat. Ca. 200 m nördlich fließt die Schwechat und 1 km nordöstlich fließt die Donau.

Bei der Altablagerung handelt es sich um die Verfüllung einer ehemaligen Schottergrube. Auf einer Fläche von ca. 220.000 m² wurden von 1970 bis 1999 Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle mit teilweise sehr hohen Anteilen an Plastikfolien, Grünschnittabfälle, Autoreifen, diverse Metalle, Holz, Textilien, Asche, Papier, Glas, Bauschutt sowie Bodenaushubmaterial verfüllt.

Die Mächtigkeit der Ablagerungen beträgt im Mittel etwa 9,5 m. Die maximale Ablagerungstiefe wurde mit 16,8 m festgestellt. Das Ablagerungsvolumen kann mit rund 2.000.000 m³ abgeschätzt werden. Der Anteil an Hausmüllschüttungen kann mit ca. 750.000 m³ abgeschätzt werden.

Die Altablagerung kann aufgrund der Ablagerungsarten sowie aufgrund der Ablagerungsgeschichte in 6 Teilbereiche unterteilt werden:

- Bereich 1 mit 20.000 m² und 110.000 m³: Nordwesten mit ausschließlich Baurestmassen und Bodenaushubmaterial; Schüttmächtigkeit 5,4 m

- Bereich 2 mit 20.000 m² und 190.000 m³: Schüttung mit überwiegendem Anteil an Hausmüll im nordwestlichen Teil; Schüttmächtigkeit 9,1 m

- Bereich 3 mit 110.000 m² und 1.000.000 m³: Zentralbereich, Schüttung bestehend aus Haus- und Sperrmüll; Schüttmächtigkeit 9,0 m

- Bereich 4 mit 30.000 m² und 300.000 m³: Nordosten mit überwiegendem Anteil von Baurestmassen und Bodenaushubmaterial; Schüttmächtigkeit 9,9 m

- Bereich 5 mit 20.000 m² und 200.000 m³: Südosten mit Baurestmassen und Bodenaushubmaterial sowie Hausmüllablagerungen; Schüttmächtigkeit 9,7 m

- Bereich 6 mit 20.000 m² und 200.000 m³: Umzäunter Deponiebereich mit Baurestmassen und Bodenaushubmaterial, Sperrmüllanteilen sowie Ablagerungen von Gewerbeabfällen wie Löschkalk oder Granulat; Schüttmächtigkeit 9,7 m

Die ehemalige Grube wurde ohne technische Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers verfüllt, die Ablagerungen liegen zum Großteil über dem Grundwasserschwankungsbereich.

Untergrundverhältnisse

Die Altablagerung befindet sich aus geologischer Sicht auf der „Schwechater Scholle“, im Randbereich zur südlich anschließenden „Rauchenwarther Platte“. Die Altablagerung liegt innerhalb der so genannten Flughafenterrasse, einer Donau begleitenden Hochterrasse, die mit der Oberkante etwa 15 - 20 m über der rezenten Donautalniederung liegt.

Die mittlere Geländehöhe kann am Nordrand im Bereich der Bundesstraße B9 mit ca. 170 m.ü.A. angenommen werden und steigt Richtung Osten und Süden bis auf 173 m.ü.A. an. Unter einem 10 bis 15 m mächtigen Trockenschotterkörper liegt ein 3 bis 6 m mächtiger tegeliger Komplex.

Die Sohle des Trockenschotterkörpers fällt von Südost nach Nordwest von ca. 162 m.ü.A. auf ca. 152 m.ü.A. ab. Auf dieser geringdurchlässigen Schicht sammeln sich versickernde Niederschlagswässer und fließen entsprechend der Neigung des Stauers nach Nordwesten ab („Sickerwasserhorizont“). Im Süden der Altablagerung ist nur sehr wenig Grundwasser vorhanden. Im Nordwesten weist der Sickerwasserhorizont eine Mächtigkeit von ca. 1 m auf. Das Gefälle des Sickerwasserhorizonts kann mit ca. 1,5 % bei einem Flurabstand von etwa 13 bis 15 m angegeben werden. Westlich der Altablagerung wurde der Sickerwasserhorizont bei Bohrungen nicht angetroffen.

Im tegeligen Komplex unterhalb des Trockenschotters ist leicht gespanntes Grundwasser in Sandschichten vorhanden. Die regionale Grundwasserströmung in diesen Sandschichten ist nach Norden (Nordosten) zur Donau gerichtet. Das Gefälle kann mit ca. 0,4 % bei einem Flurabstand von etwa 16 bis 18 m angegeben werden. Dieser 2. Horizont ist wie der Sickerwasserhorizont gering mächtig.

Sowohl der Sickerwasserhorizont als auch der tieferliegende Grundwasserhorizont entwässern nach einer Fließstrecke von wenigen hundert Metern in das donaubegleitende Grundwasser.

Die Deponiesohle liegt bei 152 bis 164 m.ü.A. im westlichen und 154 bis 167  m.ü.A. im östlichen Teil der Altablagerung. Die Grundwasserspiegel im Sickerwasserhorizont liegen bei HGW auf 153 m.ü.A. im westlichen und auf bis zu 160  m.ü.A. im östlichen Teil. Auf ca. 90 % der Fläche befindet sich die Deponiesohle über dem Sickerwasserhorizont.

Abschätzungen der Durchlässigkeit des Sickerwasserhorizonts im Abstrom der Altablagerung ergaben einen kf Wert in der Größenordnung zwischen ca. 2*10-4 m/s am Westrand und am Nordrand ca. 4*10-5 m/s.

Für die Berechnung der Wassermengen im Sickerwasserhorizont im Abstrom der Altablagerung kann angenommen werden, dass Sickerwasser von rund 20 % Versickerung bei einem Jahresniederschlag von 700 mm gebildet wird. Daraus ergib sich eine Abflussmenge im Sickerwasserhorizont von ca. 100 m³/d.

Schutzgüter und Nutzungen

Die Altablagerung liegt im Anstrombereich eines wasserwirtschaftlich bedeutenden Grundwasservorkommens und eines ca. 1,5 bis 2,5 km entfernten Grundwasserschutzgebiets mit Trinkwasserentnahmestellen.

Der östliche Teil des Geländes wird aktuell nicht genutzt und kann als Ruderalfläche bezeichnet werden. In diesem Bereich wachsen Stauden und Bäume mit einem Alter von bis zu 20 Jahren. Der westliche Teil des Geländes wird landwirtschaftlich zum Anbau von Getreide oder Feldfrüchten genutzt. Im Norden grenzt die Altablagerung unmittelbar an die Bundesstraße B9 an.

 

UNTERSUCHUNGEN

Im Rahmen ergänzender Untersuchungen in den Jahren 2006 bis 2012 wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • 186 Rammkernsondierungen mit temporären Deponiegasmessungen
  • Abteufen von 75 Greiferbohrungen
  • Entnahme von 344 Feststoffproben (Analyse von 133 Proben und 211 Rückstellproben)
  • Errichtung von 8 Grundwassermessstellen
  • Entnahme und Analyse von Grundwasserproben an vier Terminen

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Bei der Altablagerung „Lechnergrube“ handelt es sich um die Verfüllung einer ehemaligen Schottergrube. Auf einer Fläche von ca. 220.000 m² wurden von 1970 bis 1999 Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle mit teilweise sehr hohen Anteilen an Plastikfolien, Grünschnittabfälle, Autoreifen, diverse Metalle, Holz, Textilien, Asche, Papier, Glas, Bauschutt sowie Bodenaushubmaterial ohne technische Maßnahmen zum Grundwasserschutz und ohne Deponiegaserfassung verfüllt. Die Mächtigkeit der Ablagerungen beträgt im Mittel etwa 9,5 m, das Ablagerungsvolumen kann mit rund 2.000.000 m³ abgeschätzt werden.

In nebenstehender Abbildung sind die 6 Ablagerungsbereiche mit den entsprechenden Verteilungen der Ablagerungsarten (Hausmüll, Baurestmassen, Bodenaushubmaterial und Humus) dargestellt. Während in den zentralen und südöstlichen Teilbereichen ein erheblicher bis überwiegender Hausmüllanteil vorhanden ist, wurden im nordwestlichen und nordöstlichen Teil fast ausschließlich Bauschutt und Aushubmaterial angetroffen.

Orientierende Deponiegasuntersuchungen ergaben, dass in fast allen Bereichen eine hohe Deponiegasproduktion stattfindet. Die reaktivsten Bereiche befinden sich im zentralen Teil der Altablagerung. An den Rändern der Altablagerung im Nordosten und Nordwesten wurden vergleichsweise geringe Deponiegaskonzentrationen festgestellt. Entsprechend der Zusammensetzung des gemessenen Deponiegases (Methan bis 63 Vol. %) und dem vergleichsweise geringen Alter der Ablagerungen ist zukünftig mit einer weiterhin hohen Deponiegasproduktion zu rechnen.

Es wird angenommen, dass eine Deponiegasmigration auf benachbarte Grundstücke nur in unmittelbar angrenzenden Bereichen der Altablagerung stattfindet. Weder auf der Altablagerung noch im näheren Umfeld gibt es Keller, Schächte oder andere unterirdische begehbare Einbauten, sodass sich aufgrund des großen Deponiegasbildungspotenzials keine erheblichen Gefahren ergeben.

Aus den Ergebnissen der Bodenluftmessungen kann abgeleitet werden, dass in Teilbereichen Ablagerungen mit einem erhöhten Anteil von leichtflüchtigen Schadstoffen (Benzol, aliphatische Kohlenwasserstoffe) vorhanden sind.

In den Feststoffproben der Ablagerungen wurden häufig erhöhte Kohlenwasserstoff-, Metall-, Stickstoff- und PAK-Gehalte festgestellt. Dies kann auf den hohen Hausmüllanteil (Organisches Material, Asche und untergeordnet Kunststoffe) in der Ablagerung zurückgeführt werden. Größere zusammenhängende Ablagerungsbereiche mit erhöhtem Schadstoffgehalt wurden allerdings keine festgestellt.

Unterhalb der Deponiesohle wurden nur an wenigen Stellen Verunreinigungen insbesondere mit Kohlenwasserstoffen festgestellt.

Die Ablagerungssohle reicht ca. auf 10 % der Gesamtfläche bis auf den Stauer des Sickerwasserhorizontes. Somit liegen Teile der Ablagerungen im Sickerwasser.

Im Bereich der Altablagerung versickerndes Niederschlagswasser sammelt sich an der gering durchlässigen Basis des Trockenschotterkörpers und fließt entsprechend der Neigung des Stauers nach Nordwesten ab. Im Anstrombereich der Lechnergrube war im Sickerwasserhorizont nur sehr wenig Grundwasser vorhanden. Somit sind alle gemessenen Grundwasserbelastungen im Sickerwasserhorizont im Abstrombereich direkt auf Sickerwasser aus dem Ablagerungsbereich zurückzuführen.

Das Sickerwasser weist deutliche Verunreinigungen auf, u.a. mit Bor, Nickel, Benzol, Ammonium, Natrium, Kalium, Sulfat, Chlorid und Chrom. Aufgrund der geringen Wasserführung im Sickerwasserhorizont sind die Stofffrachten gering.

Im nördlichen Randbereich der Altablagerung wurde an einer Stelle (unmittelbar neben der Bundesstraße) eine massive Kohlenwasserstoffverunreinigung des Grundwasserschwankungsbereiches (Sickerwasserhorizont) festgestellt. Diese Verunreinigungen können auf Basis der Untersuchungen nicht auf die Altablagerung zurückgeführt werden. Die Ursache dieser Mineralölverunreinigung ist unbekannt.

In dem zweiten, tieferliegenden Grundwasserhorizont, der durch gering durchlässige Schichten vom oberen Sickerwasserhorizont getrennt ist, wurde im Bereich der Altablagerung keine Veränderung der Grundwasserqualität festgestellt. Im Abstrom wurden in einer Messstelle direkt an der Bundestraße auffällig erhöhte Natrium- und Chloridkonzentrationen festgestellt, die auf eine Versickerung von Straßenabwässern zurückgeführt werden können. Ein Einfluss von Deponiesickerwässer auf den zweiten Horizont ist nicht erkennbar.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im zentralen und südöstlichen Bereich der Altablagerung auf einer Fläche von 170.000 m² Abfälle mit einem hohen Hausmüllanteil in einem Ausmaß von rund 1,6 Mio. m³ abgelagert wurden. Dieser Teil der Ablagerung weist ein hohes Deponiegasbildungspotenzial und aufgrund des sehr großen Volumens insgesamt eine große Schadstoffmenge auf. Die aktuelle Deponiegasbildung ist hoch. Aufgrund der Nutzungssituation (keine unterirdischen Objekte) ergeben sich durch das Deponiegas keine unmittelbaren Gefahren. Ausgehend von den Ablagerungen wird der oberste Grundwasserhorizont, der vorwiegend aus Sickerwasser aus dem Ablagerungsbereich gebildet wird, deutlich verunreinigt. Die Ablagerungsbereiche mit hohem Hausmüllanteil stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: sehr groß

Die Ablagerungen mit hohem Hausmüllanteil haben ein Volumen von rund 1,6 Mio m³, der Hausmüllanteil kann mit ca. 750.000 m³ abgeschätzt werden. Hausmüllablagerungen weisen grundsätzlich eine begrenzte Stoffgefährlichkeit auf. Unter Berücksichtigung des sehr großen Volumens der Hausmüllablagerungen ergibt sich ein sehr großes Schadstoffpotenzial.  

Ausbreitung der Schadstoffe: lokal  

Sickerwasser aus der Hausmüllablagerung verunreinigt den  obersten Grundwasserhorizont, einem sehr gering ergiebigen Sickerwasserhorizont. Da im westlichen und nördlichen Abstrombereich andere Altablagerungen angrenzen bzw. gering entfernt sind, kann die Ausdehnung der Grundwasserverunreinigungen nicht eindeutig festgestellt werden. Es ist anzunehmen, dass die Beeinflussung der Grundwasserqualität nicht über 100 m im Abstrom reicht. Aufgrund des sehr geringen Grundwasserdurchflusses sind die Stofffrachten im Grundwasser gering. Aufgrund der Größe der Altablagerung ist mittelfristig mit keiner Änderung der Sickerwasseremissionen zu rechnen. Die Schadstoffausbreitung ist als lokal zu beurteilen.

Bedeutung des Schutzgutes: nutzbar  

Der von der Altablagerung beeinträchtigte Grundwasserhorizont weist im Bereich der Altablagerung eine sehr geringe Ergiebigkeit auf und ist erst ab dem Abstrombereich quantitativ nutzbar. Es kann weitgehend ausgeschlossen werden, dass das ergiebige Grundwasservorkommen im Donautal in einer Entfernung von wenigen hundert Metern durch die Altablagerung beeinträchtigt wird. Grundwassernutzungen sind von den Grundwasserverunreinigungen nicht betroffen.

Vorschlag Prioritätenklasse: 3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der voranstehenden Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt vor, die Altablagerung "Lechnergrube" in die Prioritätenklasse 3 einzustufen.

 

Datum der letzten Textüberarbeitung: Oktober 2015