Gesicherte Altlast N51: Berndorf Objekt 92

Am Altstandort "Berndorf Objekt 92" wird seit 1843 Besteck hergestellt. Es wurden insgesamt fünf Entfettungsanlagen betrieben und chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) als Entfettungsmittel eingesetzt. Am Altstandort wurde eine erhebliche Belastung der wasserungesättigten Bodenzone und eine massive Verunreinigung des Grundwassers durch CKW festgestellt.

Seit dem Jahr 2006 werden Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Seit 2008 wird auch der Grundwasserabstrom mittels Grundwasserentnahme aus Sperrbrunnen hydraulisch gesichert, 2010 wurde der Sicherungsbetrieb erweitert. Seit Mitte 2015 wurde die Grundwasserentnahmemenge erhöht und damit der Einzugsbereich der hydraulischen Sicherung deutlich verbessert. Es findet keine erhebliche Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser mehr statt und die Auswirkungen auf den Grundwasserabstrom sind gering.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Baden,
Berndorf,
Berndorf I,
727/3
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Metallwarenerzeugung
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 9.400 m²
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 04.04.2003
Datum der Prioritätenfestlegung: 05.09.2003
Priorität: 2
Datum Ausweisung gesichert: 15.02.2019
Status Maßnahme: abgeschlossen
Art der Maßnahme: Sicherung
Sanierungsverfahren: Hydraulische Maßnahmen (pump & treat (GW-Sanierung), Sperrbrunnen (GW-Sicherung))
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 05.09.2003

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Das Objekt 92 ist Teil eines größeren Industrieareals (sh. Abb. 2) und liegt am östlichen Ortsrand von Berndorf rund 120 m nördlich der Triesting und ca. 200 m südlich der Bundesstraße B 18 "Hainfelderstraße". Die Fläche des Objektes 92 kann mit etwa 10.000 m² angegeben werden.

Im Bereich des Objektes 92 wurde seit der Gründung des Betriebsstandortes im Jahr 1843 Besteck hergestellt, seit mehreren Jahren wird die Halle nur mehr zur Lagerung verwendet. Früher erstreckte sich der Produktionsbereich auch auf das Gelände östlich des Objektes 92, auf dem sich heute ein Parkplatz befindet. Für die Erzeugung von Besteck wurde Alpacca verwendet, eine Legierung aus Kupfer, Nickel und Zink.

Im Bereich des Objektes 92 wurden seit etwa Anfang der 60-iger Jahre des 20. Jahrhunderts bis 1992 insgesamt fünf Entfettungsanlagen betrieben. Als Entfettungsmittel wurden leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe eingesetzt (Verbrauch 3 x 1.800 kg/a Tetrachlorethen , 1 x 250 kg/a Tetrachlorethen, 1 x 1.700 kg/a Trichlorethen). Die Kühlwässer der Entfettungsanlagen wurden über den Werkskanal, der unmittelbar nördlich der Triesting liegt, in die Triesting eingeleitet. Zum Teil wurden die Lösungsmittel vor Ort auch wieder aufbereitet. Neben den Entfettungsanlagen gab es im Bereich des Objektes 92 seit den 60er Jahren eine Neutralisationsanlage für Abwässer aus der Galvanik. Zusätzlich wurden zwei Aktivkohleanlagen mit Heißdampfregeneration betrieben.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort befindet sich auf dem ebenen Talboden des Triestingtals auf einer Geländehöhe von rund 305 m ü A. Im Bereich der Altstandortes sind bis zu etwa 2 m mächtige Anschüttungen vorhanden. Lokal können unter den Anschüttungen Schluffe oder kiesige Sande bis zu einer Tiefe von ca. 3 m folgen. Diese werden bis zu einer Tiefe von 5 bis 7 m von sandigen Kiesen unterlagert, die den Grundwasserleiter darstellen. Unter den sandigen Kiesen folgt klüftiges Kalkgestein.

Der Flurabstand beträgt im Bereich der Altstandortes generell etwa 3,5 m. Die Grundwasserströmung ist nach Südosten bis Ostsüdosten gerichtet. Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters im Bereich des Altstandortes kann mit rund 10-5 bis 10-4 m/s angegeben werden. Das Grundwasserspiegelgefälle beträgt etwa 5 ‰. Der mittlere Grundwasserdurchfluss im Bereich des Altstandortes kann mit ca. 40 m³/d (0,5 l/s) abgeschätzt werden.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Standort sowie die unmittelbare Umgebung werden gewerblich genutzt (Industrieareal Berndorf). Im näheren Abstrom des Altstandortes sind keine Trink- oder Nutzwasserbrunnen bekannt.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Im Bereich des Objektes 92 des Industrieareals Berndorf wurden für die Produktion von Besteck mehrere Entfettungsanlagen über einen Zeitraum von ca. 30 Jahren betrieben. Für die Entfettung wurden chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) in erheblichen Mengen verwendet. Der Standort der ehemaligen Besteckproduktion weist eine Fläche von etwa 10.000 m² auf.

Bei Bodenluftuntersuchungen im Bereich des Objektes 92 wurden punktuell hohe CKW-Konzentrationen festgestellt (max. 375 mg/m³), die deutlich über dem Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 liegen. Aufgrund des gering durchlässigen Untergrundes war die Entnahme von Bodenluftproben nur eingeschränkt möglich, sodass die Ergebnisse der Bodenluftuntersuchungen das tatsächliche Ausmaß der Untergrundverunreinigungen mit CKW nicht mit ausreichender Genauigkeit widerspiegeln. Insgesamt ergaben die Bodenluftuntersuchungen, dass im Bereich der Entfettungsanlagen ein erheblicher Eintrag von CKW in den Untergrund stattgefunden hat.

Die Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen zeigten, dass vom Bereich des Objektes 92 eine massive Verunreinigung des Grundwassers mit CKW, insbesondere Tetrachlorethen, ausging. Im unmittelbaren Bereich der Entfettungsanlagen wurden im Grundwasser bis zu rund 19.000 µg/l CKW gemessen. Die sehr hohen Konzentrationen im Grundwasser waren einerseits auf den erheblichen Eintrag von CKW in das Grundwasser, andererseits auch auf den gering durchlässigen Untergrund und den damit verbundenen geringen Grundwasserdurchfluss zurückzuführen.

In einer Grundwassermessstelle im unmittelbaren Abstrombereich des Objektes 92 wurden bis über 5.000 µg/l CKW festgestellt. Grundwasseruntersuchungen im weiteren Abstrom des Altstandortes bestätigten, dass eine Ausbreitung der CKW im Grundwasser stattfand. In einer Entfernung von über 100 m wurden noch CKW-Konzentrationen über 500 µg/l festgestellt.

Neben der massiven Grundwasserverunreinigung durch CKW wurden im Grundwasser auch erhöhte Konzentrationen für Summe Kohlenwasserstoffe und Nickel festgestellt. Die erhöhten MKW- Konzentrationen konnten nicht eindeutig dem Bereich des Altstandortes zugeordnet werden, da bereits im Anstrom erhöhte MKW-Konzentrationen festgestellt wurden. Auch die erhöhten Nickelkonzentrationen im weiteren Abstrom des Altstandortes konnten nicht auf den Bereich des Objektes 92 zurückgeführt werden, da im unmittelbaren Abstrombereich kein Nickel nachgewiesen werden konnte.

Zusammenfassend war festzustellen, dass im Bereich der ehemaligen Entfettungsanlagen der Untergrund und das Grundwasser durch leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe erheblich verunreinigt war.

 

SICHERUNGSMAßNAHMEN

Seit 2006 wurden am Altstandort folgende Sicherungsmaßnahmen durchgeführt:

  • Versuchsbetrieb hydraulische Sicherung (Juni 2006)

  • Regelbetrieb hydraulische Sicherung mit Kreislaufführung (September 2006)

  • Beginn Sperrbrunnen im Abstrom (Jänner 2008)

  • Erweiterung Pumpbetrieb nördlich der Altlast (September 2010)

  • Umstieg auf Aktivkohlereinigung und Ende Kreislaufführung (April 2015)

Beschreibung der Sicherungsmaßnahmen

Die im Bereich des Altstandortes durchgeführten Sicherungsmaßnahmen sind grundsätzlich eine Kombination aus hydraulischer Dekontamination mittels Grundwasserentnahme und Versickerung im Schadensbereich (Kreislaufführung) und einer hydraulischen Abstromsicherung (Grundwasserentnahme, Reinigung und Ableitung).

Vor Beginn des Versuchsbetriebes wurden im April und Juni 2006 mehrere 24-stündige Pumpversuche an neu errichteten Messstellen im Schadensbereich (S 46, S 48, S 49) und dem unmittelbaren Abstrom (S 42, S 43) durchgeführt. Dabei wurden im Schadenszentrum CKW-Belastungen bis knapp 25.000 µg/l und im Abstrom bis einige tausend µg/l festgestellt. Hauptschadstoff war Tetrachlorethen, untergeordnet auch Trichlorethen, andere Einzelsubstanzen wurden nur in sehr geringen Gehalten nachgewiesen.

Seit September 2006 wird im Bereich des Objektes 92 kontinuierlich Grundwasser entnommen und nach einer entsprechenden Reinigung in den Kanal abgeleitet. Bis April 2015 arbeitete die Reinigungsanlage nach dem Prinzip der Oxidation, Fällung und Neutralisation. Im Sommer des Jahres 2006 wurde ein rund 2-monatiger Versuchsbetrieb durchgeführt.

Im Jahr 2007 erfolgten zahlreiche Anpassungen des Betriebes, unter anderen die Reduktion der Entnahmemenge aus der Messstelle S 49. Im Jahr 2007 kam es auch mehrmals zu Problemen bei der Reinigungsanlage und damit oftmals zu nur geringen Entnahmemengen.

Seit Jänner 2008 wird zum Erreichen einer ausreichenden Sperrwirkung auch im unmittelbaren Grundwasserabstrom des Objektes 92 Grundwasser entnommen, bis August 2008 aus der Messstelle S 32 und danach aus den beiden Messstellen S 42 und S 44. In Summe wurden ca. 1 bis 1,5 l/s aus dem unmittelbaren Grundwasserabstrom entnommen und alternierend zur Reinigungsanlage geleitet oder im Schadensbereich wieder versickert.

Ende 2008 wurden drei neue Grundwassermessstellen zur Kontaminationsabgrenzung südlich und nördlich des Schadenszentrums (S 50, S 51 und S 53) errichtet und in die Kontrolluntersuchungen miteinbezogen. Durch die Versickerung im Schadenszentrum (Kreislaufführung) kam es offenbar zu einer Schadstoffverdriftung Richtung Norden. Aufgrund anhaltend hoher CKW-Konzentrationen in der Messstelle S 53 wird seit September 2010 auch aus dieser Messstelle Grundwasser entnommen und in das Sicherungssystem einbezogen.

Aufgrund gehäufter Störungen der Reinigungsanlage konnten teilweise nur sehr geringe Grundwassermengen entnommen und gereinigt werden. Im April 2015 wurde die Reinigung auf Aktivkohle umgestellt und die Entnahmemenge erhöht sowie die Kreislaufführung und Versickerung beendet. Seit April 2016 wird permanent Grundwasser aus den beiden abstromigen Messstellen S 42 und S 44 sowie den in den ehemaligen Schadenszentren liegenden Messstellen S 46 und S 53 sowie seit Dezember 2016 auch S 49 entnommen.

Eine erste Steigerung der Entnahmemengen konnte Anfang 2008 mit Inbetriebnahme der Sperrbrunnen im unmittelbaren Grundwasserabstrom erzielt werden. Mit der Anlagenumstellung auf Aktivkohle und Stilllegung der Kreislaufführung ist eine deutliche Erhöhung der Entnahmemengen erzielt worden.

Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen werden seit Beginn der Sicherungsmaßnahmen periodisch Grundwasseruntersuchungen an Messstellen im Schadensbereich sowie im Abstrom durchgeführt.

Untersucht wurden bei allen Proben leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe und Nickel. Bei einigen Proben wurden in den Anfangsjahren zusätzlich allgemeine hydrochemische Parameter untersucht.

Beurteilung der Maßnahmen

Durch die Grundwasserentnahme im Hauptschadensbereich sowie im unmittelbaren Abstrom wurde die Schadstoffmenge im Bereich des Altstandortes reduziert. Seit 2010 wurde die hydraulische Sicherung durch einen nördlich des Schadenszentrums zusätzlich errichteten Sperrbrunnen mit kontinuierlicher Grundwasserentnahme ausgeweitet.

Seit April 2015 wird nach einem Anlagenumbau kontinuierlich ausreichend Grundwasser aus dem Hauptschadensbereich und dem unmittelbaren Abstrom entnommen und gereinigt. Seit diesem Zeitpunkt ist eine ausreichende hydraulische Sperrwirkung gegeben, um ein Abströmen von kontaminiertem Grundwasser zu verhindern. Seit Beginn der Maßnahmen wurden bis April 2017 insgesamt rund 133 kg CKW aus dem Grundwasser entfernt, nach Umstellung der Anlage im April 2015 liegt die tägliche Entfrachtung zwischen rund 25 bis 60 g/d.

Vor Beginn der Sicherungsmaßnahmen kann die im unmittelbaren Grundwasserabstrom (Standortgrenze = östliche Begrenzung von Objekt 92) transportierte CKW-Fracht mit rund 40 bis 70 g/d abgeschätzt werden, in den letzten beiden Jahren kann diese Fracht mit rund 10 bis 20 g/d abgeschätzt werden. Durch den Sperrbrunnenbetrieb seit Jänner 2008 haben sich die CKW-Gehalte im Grundwasserabstrom (S 8 und S 36) reduziert. Durch die die hydraulischen Maßnahmen werden die in den Grundwasserabstrom gelangenden Schadstofffrachten seit dem Anlagenumbau im Jahr 2015 um rund 90 % reduziert. Aktuell liegen die CKW-Frachten im Grundwasserabstrom bei rund 0,7 bis 1,5 g/d und sind als gering einzustufen. Aufgrund des gering durchlässigen Untergrundes und Heterogenitäten in der mehr oder weniger ausgeprägten Verwitterungsschicht über dem Stauer ist trotz ausreichender hydraulischer Sperrwirkung nur mit einem langsamen Konzentrationsrückgang im Grundwasserabstrom zu rechnen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass durch den Betrieb der hydraulischen Maßnahmen die Schadstoffe wirksam an einer weiteren Ausbreitung im Grundwasserabstrom gehindert werden. Die mit dem Grundwasser abströmenden Schadstofffrachten sind deutlich rückläufig und inzwischen als gering einzustufen. Durch den dauerhaften Betrieb der hydraulischen Maßnahmen ist mit einem weiteren Rückgang der Schadstoffkonzentrationen im Grundwasserabstrom zu rechnen, aufgrund der örtlichen Untergrundverhältnisse verläuft dieser weitere Schadstoffrückgang voraussichtlich sehr langsam.

 

Datum der Texterstellung: Dezember 2017