Gesicherte Altlast N40: Gaswerk Stockerau

Auf dem Betriebsgelände des ehemaligen „Gaswerks Stockerau“ wurde im Zeitraum von 1888 bis 1962 auf einer Fläche von ca. 9.000 m² Stadtgas aus Steinkohle erzeugt. Stellenweise sind massive Verunreinigungen des Untergrundes mit gaswerkspezifischen Schadstoffen vorhanden, die eine erhebliche Gefahr für das Grundwasser verursachen.

Zum Schutz des Grundwassers wurde der Altstandort im Zeitraum von Februar bis Mai 2003 mittels eines Systems aus Dichtwand und HDBV-Säulen umschlossen und durch hydraulische Maßnahmen gesichert.

Derzeit erfolgt eine laufende Beweissicherung des Grundwassers. Durch den permanent abgesenkten Grundwasserspiegel im Inneren der Umschließung wird ein Abströmen von belastetem Grundwasser in das umgebende Grundwasser verhindert. Die Ergebnisse der Grundwasserbeweissicherung zeigen, dass nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen keine Belastung des Grundwassers außerhalb der Dichtwand mehr gegeben ist. Die Altlast ist als gesichert zu bewerten.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Korneuburg,
Stockerau,
Stockerau,
.408
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Gaswerk
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 8.700 m²
Schadstoff(e) Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Cyanide)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 24.07.2000
Datum der Prioritätenfestlegung: 04.05.2001
Priorität: 3
Datum Ausweisung gesichert: 15.10.2008
Status Maßnahme: in Durchführung
Art der Maßnahme: Sicherung
Sanierungsverfahren: Vertikale Dichtelemente (Umschließung),
Hydraulische Maßnahmen
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 01.06.2001

BESCHREIBUNG DER ALTLAST

Der Standort des "Gaswerkes Stockerau" befindet sich im südlichen Teil der Stadtgemeinde Stockerau, unmittelbar nördlich des Bahnhofes. Im Zeitraum von 1888 bis 1962 wurde auf dem ca. 9.000 m² großen Betriebsgelände Stadtgas aus Steinkohle erzeugt. Die maximale Jahresproduktion betrug phasenweise mehr als 900.000 Nm³ pro Jahr. Als Nebenprodukte bei der Stadtgaserzeugung fallen vor allem Koks, Teer, Gasreinigungsmasse und Ammoniakwasser an.

Eine Nachnutzung des Geländes erfolgte durch die Niogas und in Folge durch die EVN als Standort für die Verwaltung, den Betrieb von Übergangsstationen an das öffentliche Netz und als Zwischenlager von Rohmaterialien für die Instandhaltung des Gasversorgungsnetzes.

Beschreibung der Untergrundverhältnisse

Der Altstandort liegt im Bereich der alluvialen Ablagerungen des Donautals. Der Untergrund ist von Grobschüttungen (Kiese, Sande) des ehemals verzweigten Flusssystems geprägt, die von einer unterschiedlich mächtigen, sandig - schluffigen Deckschicht bzw. am Großteil des Betriebsgeländes von anthropogenen rund 1,5 bis 4 m mächtigen Auffüllungen überdeckt sind. Der tertiäre Untergrund aus feinkörnigen schluffig - tonigen Sedimenten (Tonmergel) als relativer Grundwasserstauer befindet sich in einer Tiefe von ca. 10 m.

Das ehemalige Betriebsgelände des „Gaswerkes Stockerau“ wird im Norden bzw. Nordwesten vom Göllersbach umschlossen, der vermutlich seinerzeit als Vorfluter für die ungeklärten Betriebsabwässer gedient hat. Die südliche Begrenzung bildet das Gelände der Bahntrasse (Wien - Retz). Im Osten grenzt die Grafendorfer Straße an das Betriebsgelände. Das Gelände am Standort ist relativ eben und weist eine Höhe von ca. 171 m ü.A. auf.

Der Flurabstand des Grundwassers beträgt rund 3,5 bis 4,5 m. Die Strömungsrichtung im Bereich des Altstandortes wurde gegen Südosten mit einem relativ geringen Grundwasserspiegelgefälle von 0,2 – 0,9 ‰ festgestellt, der Durchlässigkeitsbeiwert wird mit 10-4 m/s angenommen. Südöstlich des Altstandortes im Abstrombereich wurde ein Gefälle von 2 – 3 ‰ gemessen, die Durchlässigkeit des wasserführenden Untergrundes wird hier mit einem kf-Wert von ca. 10-4 bis 10-5 m/s angenommen. Eine Infiltration des Grundwassers in den im Beobachtungszeitraum meist trocken gelegenen Göllersbach kann aufgrund der Grundwasserströmungsrichtung und der Tatsache, dass die Bachsohle über dem Grundwasserspiegel liegt, ausgeschlossen werden.

Beschreibung der Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort liegt inmitten des Stadtgebietes von Stockerau. Südöstlich des Standortes besteht eine Nutzung des Grundwassers durch Hausbrunnen. Etwa 1 km südlich, im Aubereich, befinden sich zwei Brunnen des Wasserwerkes der Stadt Stockerau, von welchen die Stadtgemeinde zentral mit Trinkwasser versorgt wird.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Auf dem Betriebsgelände des ehemaligen "Gaswerkes Stockerau" wurde von 1888 bis 1962 Stadtgas aus Steinkohle erzeugt. Die maximale Jahresproduktion betrug mehr als 900.000 Nm³ pro Jahr. Als Nebenprodukte bei der Stadtgaserzeugung fielen vor allem Teer, Gasreinigermasse und Ammoniakwasser an. Typische Schadstoffe dieser Nebenprodukte sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Phenole und leichtflüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe (BTX) für Gaswerksteer sowie Cyanid, Schwefel und Sulfid für die Gasreinigermasse.

Im Jahr 1992 wurden erstmals Untersuchungen des Untergrundes und des Grundwassers auf gaswerkspezifische Parameter durchgeführt. Bei der Analyse der Eluate konnten vor allem stark erhöhte wasserlösliche Gehalte mit Werten über den Maßnahmenschwellenwerten der ÖNORM S 2088-1 bei PAK, Cyanid und Ammonium im zentralen und südlichen Teil des Standortes festgestellt werden. Die am stärksten belasteten Bereiche wurden im Zentrum, in der Umgebung der ehemaligen Teergruben, worauf auch die hohen PAK-Werte zurückgeführt werden können, vorgefunden. Die Analysenergebnisse einer Grundwasserprobe aus einer Sonde im Norden des ehemaligen Gaswerkes ergab Belastungen mit Überschreitungen des Maßnahmenschwellenwertes bei den Parametern Ammonium und Cyanid. Die erhöhten Cyanid- und Ammoniumgehalte bei den Bodenproben und im Grundwasser geben Hinweise darauf, dass auch Gasreinigermassen bzw. Ammoniakwasser abgelagert wurden.

Im Zuge der ergänzende Untersuchungen in den Jahren 1998 und 1999 wurden zur flächenhaften Erkundung des Altstandortes 16 Untergrundaufschlüsse durchgeführt. Am gesamten Gelände konnten 1,5 bis 4 m mächtige anthropogene Auffüllungen festgestellt werden. Es wurden 23 Bodenproben gezogen und analysiert. Dabei wurden ebenfalls vor allem im zentralen Bereich rund um die ehemaligen Teergruben hohe gaswerkspezifische Belastungen des Untergrundes festgestellt, die sich bis in den Osten des Standortes fortsetzen. An insgesamt 5 Rammkernbohrungen wurden Überschreitungen von Maßnahmenschwellenwerten laut ÖNORM S 2088-1 gemessen. Die massivsten Belastungen bei den Gesamtgehalten wurden bei den Parametern Benzol (6 Werte über dem Maßnahmenschwellenwert), PAK (5 Überschreitungen), Phenolindex und BTX (je 4 Überschreitungen) bestimmt. Die Ergebnisse der Eluatanalysen wiesen Belastungen vor allem durch Phenol, Benzol und PAK auf. Auch anhand dieser vorgefundenen Schadstoffgehalte ist erkennbar, dass es sich bei den Verunreinigungen des Untergrundes hauptsächlich um Belastungen durch teerartige Substanzen handelt.

Die Analyse von 10 Sedimentproben aus dem Bachbett des im Norden angrenzenden Göllersbaches ergab im Bereich der ehemaligen Kanalausmündungen eine Belastung mit Kohlenwasserstoffen und untergeordnet mit PAK.

An 4 Terminen wurden Grundwasserproben aus 4 neu errichteten und einer bestehenden Sonde entnommen. Die Ergebnisse der Grundwasserbeweissicherung zeigten, dass besonders im Bereich des Altstandortes gaswerkspezifische Beeinträchtigungen des lokalen Grundwassers gegeben sind. Die südliche Sonde am Betriebsgelände (ST I) wies Belastungen mit Überschreitungen des Maßnahmenschwellenwertes vor allem mit PAK (bis zu 0,6 mg/l) und Sulfat (bis 754 mg/l) auf, daneben auch mit Bor und Ammonium. Bei den 3 Sonden im Grundwasserabstrom wurden vorwiegend bei den näher gelegenen Sonden leicht erhöhte Ammonium- und Sulfatwerte festgestellt.

Bei der Sonde im Norden des Altstandortes im Grundwasseranstrombereich wurden erhöhte Ammoniumgehalte vorgefunden, die nicht eindeutig auf den Altstandort zurückgeführt werden können.

Die vorliegenden Unterlagen und Untersuchungsergebnisse zeigen, dass im Bereich des Altstandortes "Gaswerk Stockerau" auf dem Großteil der Betriebsfläche anthropogene Anschüttungen durch Produkte aus der Gasproduktion gegeben sind, die auf einem Teil des Standortes Verunreinigungen des Untergrundes und des Grundwassers verursachen. Der am massivsten belastete Bereich des Untergrundes rund um die ehemaligen Teergruben umfasst eine Fläche von ca. 1.000 m². Die Untergrundkontaminationen verursachen vor allem im Bereich des Altstandortes eine Belastung des Grundwassers. Eine ausgeprägte Schadstofffahne konnte in den Jahren 1998 und 1999 nicht festgestellt werden.

Die festgestellten Boden- und Grundwasserverunreinigungen stellen eine erhebliche Gefährdung für die Umwelt dar.

 

SICHERUNGSMAßNAHMEN

Ziel der Sicherungsmaßnahmen war, Gefahren in Zusammenhang mit dem fortgesetzten Transfer von Schadstoffen mit dem Sickerwasser in das Grundwasser dauerhaft zu beseitigen und damit die multifunktionale Nutzung des Schutzgutes Grundwasser dauerhaft zu erhalten. Im Zeitraum von 2002 bis 2005 wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Umschließung des Altstandortes mittels Dichtwand und HDBV-Säulen
  • Bodenaustausch im Bereich der Böschung des Göllersbaches       
  • Errichtung von Grundwassermessstellen und einem Sicherungsbrunnen

Die Umschließung des Altstandortes erfolgte als Einphasenschlitzwand mit einer Wandstärke von 60 cm und in Bereichen mit Einbauten mittels HDBV- Säulen im Zeitraum von etwa Februar bis Mai 2003. Die gesamte Schlitzwandlänge beträgt rund 300 m, die Länge auf der die HDBV- Säulen zur Anwendung kamen beträgt etwa 60 m. Die Tiefe der Schlitzwand als auch der HDBV- Säulen liegt zwischen rund 10 und 11 m unter GOK. Die Einbindetiefe in den Grundwasserstauer liegt bei etwa einem Meter. Beprobungen der fertig gestellten Dichtwand und der HDBV- Säulen bestätigten eine ausreichende Dichtheit mittels nachgewiesener Durchlässigkeitsbeiwerte im Bereich von 10-11 m/s (Labormessungen bei hydraulischem Gradienten von 30).

Im Zuge der Baumaßnahmen wurde festgestellt, dass sich die Untergrundkontamination bis in den Bereich der Uferböschung des Göllersbaches erstreckt. Da dieser Bereich außerhalb der möglichen Dichtwandtrasse lag, wurde die Uferböschung abgetragen und ein Bodenaustausch durchgeführt.

Zur Sicherung des Altstandortes wurde ein Entnahmebrunnen innerhalb der Umschließung errichtet und im September 2003 mit dem Betrieb begonnen. Mit einer mittleren Pumpmenge von 0,35l/s aus dem Sicherungsbrunnen konnte eine Grundwasserspiegeldifferenz zwischen Innen- und Außenwasserspiegel von 0,5 m erreicht werden. Zur Beweissicherung wurden zusätzlich zu den vorhandenen bzw. im Rahmen der ergänzenden Untersuchungen errichteten Messstellen (ST I, ST III, ST IV, S 13) weitere Messstellen (GWMS 1, GWMS 2, GWMS 3) errichtet.

Der Altstandort „Gaswerk Stockerau“ wurde mit einem kombinierten System aus Dichtwand und HDBV-Säulen umschlossen. Mittels permanent um mindestens 0,5 m abgesenktem Wasserspiegel innerhalb der Umschließung wird ein Abströmen von Sickerwasser aus dem Bereich des ehemaligen Gaswerks in das umgebende Grundwasser verhindert. Aufgrund der Pumpmenge die zur Wasserspiegelabsenkung benötigt wird kann davon ausgegangen werden, dass eine ausreichende Dichtheit der Dichtwand und der HDBV-Säulen gegeben ist.

Die Ergebnisse der Grundwasserbeweissicherung zeigen, dass nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen und einer gewissen Betriebszeit der Sicherung keine erhebliche Belastung des Grundwassers außerhalb der Dichtwand mehr gegeben ist. Die untersuchten Grundwasserproben aus den Messstellen und dem Sicherungsbrunnen innerhalb der Umschließung zeigen eine Belastung an gaswerktypischen Schadstoffen mit schwankenden Konzentrationen. Die seit Fertigstellung der Umschließung gemessenen Konzentrationen innerhalb der Umschließung weisen derzeit noch keine rückläufige Tendenz auf.

Bei einem entsprechenden Betrieb der Sicherungsanlage ist ein Transfer von Sickerwasser aus dem Bereich des Altstandortes in den Grundwasserkörper nicht mehr möglich, sodass zukünftig keine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität im Umfeld des Altstandortes zu erwarten ist.

Zusammenfassend ergibt sich, dass das standortspezifische Sicherungsziel, Gefahren in Zusammenhang mit einem fortgesetzten Transfer von Sickerwasser aus dem Altstandort in das Grundwasser dauerhaft zu beseitigen bzw. auf ein tolerierbares Ausmaß zu reduzieren, erreicht wurde und die Altlast als gesichert zu bewerten ist.

 

Datum der Texterstellung:    Mai 2008