Altlast N19: Mülldeponie Purgstall-Süd

Bei der Altablagerung „Mülldeponie Purgstall Süd“ handelt sich um eine Hausmülldeponie in einer ehemaligen Kiesabbaugrube, die seit Beginn der 1970er-Jahre bis 1985 betrieben wurde. Die Altablagerung umfasst eine Fläche von rund 18.000 m². Zur Ablagerung kamen maximal 140.000 m³ Hausmüll sowie hausmüllähnliche Abfälle aus Gewerbebetrieben überwiegend ohne technische Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers.

Aufgrund der vorliegenden aktuellen Untersuchungsergebnisse ergibt sich, dass die abgelagerten Abfälle nach wie vor biochemischen Abbaureaktionen unterliegen. Die damit verbundenen Deponiegas- und Sickerwasseremissionen liegen in einer Größenordnung wie sie für eine mehrere Jahrzehnte alte Hausmülldeponie charakteristisch ist. Die immer noch hohen Sickerwasseremissionen bewirken aufgrund des hohen standortspezifischen Verdünnungspotentials keine Beeinträchtigung des Grundwassers. Die Ablagerung weist ein hohes Gasemissionspotential auf. Im Bereich südlich der Altablagerung konnte eine deutliche Deponiegasmigration in das als Gewerbegebiet genutzte Umfeld nachgewiesen werden. Mittelfristig ist nicht mit einer wesentlichen Änderung der Deponiegasemissionen zu rechnen. Die Altablagerung „Mülldeponie Purgstall Süd“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird vorgeschlagen, die Altablagerung weiterhin in die Prioritätenklasse 3 einzustufen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Scheibbs,
Purgstall an der Erlauf,
Petzelsdorf,
213, 240/2, 240/3
Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Scheibbs,
Purgstall an der Erlauf,
Purgstall,
589/6
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altablagerung
Deponietyp: Kommunale Deponie
Art der Ablagerungen: Hausmüll
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 19.000 m²
Volumen Altlast (m³): 110.000 m³
Schadstoff(e) Deponiegas (Kohlendioxid, Methan)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 11.01.1993
Priorität: 3
Status Maßnahme: in Durchführung
Art der Maßnahme: Sicherung
Sanierungsverfahren: Abdeckungen (Oberflächenabdichtung),
Deponiegasmaßnahmen (Gasmigrationssperren)
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 14.10.2014

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Altablagerung

Die „Mülldeponie Purgstall Süd“ befindet sich im Erlauftal ca. 1 km östlich des Ortszentrums der Marktgemeinde Purgstall an der Erlauf. Es handelt sich um eine Hausmülldeponie in einer ehemaligen Kiesabbaugrube, die seit Beginn der 1970er-Jahre von der Marktgemeinde Purgstall und von 1976 bis 1985 von der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt betrieben wurde. Die Altablagerung umfasst eine Fläche von rund 18.000 m². Zur Ablagerung kamen 130.000 m³ bis 140.000 m³ Hausmüll aus den Bezirken Scheibbs und Melk sowie hausmüllähnliche Abfälle aus Gewerbebetrieben. Die Mächtigkeit der Ablagerungen liegt in den Randbereichen zwischen 3,5 m und 8 m, im zentralen Bereich zwischen 10 m und maximal 12,8 m.

Im Jahr 1976 wurden Maßnahmen zur Sohlverdichtung und zur Sickerwassersammlung gesetzt. Über die Art und Ausführung dieser Maßnahmen existieren keine überprüfbaren Unterlagen. Im Zuge der Bohrarbeiten im Jahr 2011 wurde im zentralen Bereich der Deponie eine tonige Schicht als Basisabdichtung angetroffen. In den restlichen Bereichen dürfte die Schüttung direkt auf das anstehende Sediment erfolgt sein. Es ist daher davon auszugehen, dass das anfallende Sickerwasser nicht vollständig erfasst wird und teilweise in den Untergrund gelangt. Das erfasste Sickerwasser wird in einem Behälter gesammelt und monatlich entsorgt.

Auf Basis alter Bestandspläne und der Einmessung bestehender Sickerwasserschächte kann die Lage der Deponiesohle auf einer Seehöhe von etwa 281 m ü. A. bis 282 m ü. A. angenommen werden. Die tiefsten Punkte der Deponiesohle befinden sich im Grundwasserschwankungsbereich.

Nach der Schließung wurde die Altablagerung mit kulturfähigem Erdmaterial abgedeckt. Dabei handelt es sich großteils um nicht bindiges Material in teilweise nur geringer Mächtigkeit. Untergeordnet wurde auch schluffig-toniges Material in unterschiedlichen Mächtigkeiten verwendet, das teilweise mit Bauschutt und Abfallanteilen vermischt ist.

Untergrundverhältnisse

Die Altablagerung befindet sich großräumig gesehen am Südrand der aus tertiären Sedimenten aufgebauten Molassezone. Der in Tiefen ab 20 m unter Gelände anstehende tertiäre Haller Schlier wird durch quartäre Lockersedimente der Erlauf überlagert. Die Geländeoberkante des natürlichen Geländes befindet sich auf etwa 295 m ü. A.

Die quartäre Talfüllung des Erlauftales zeigt im Bereich der ehemaligen Deponie einen differenzierten Schichtaufbau. Unmittelbar unter dem Mutterboden bzw. der Deckschicht befindet sich locker gelagerter Trockenschotter. Unter dieser Trockenschotterschicht ist ein Konglomeratkomplex mit stark schwankender Mächtigkeit (2 m bis 8 m) ausgebildet. Vor allem die Oberkante des Konglomerats weist eine starke Reliefierung auf und befindet sich etwa in Höhen zwischen 283 m ü. A. und 289 m ü. A. Demgegenüber schwankt die Unterkante des Konglomerats bzw. die Oberkante der unterlagernden grundwasserführenden Kiese etwa zwischen 280 m ü. A. und 282 m ü. A. Diese wasserführenden Kiese weisen eine durchschnittliche Mächtigkeit von 4 m bis 5 m auf, sodass sich die Oberkante des Grundwasserstauers ("Haller Schlier") auf etwa 276 m ü. A. bis 277 m ü. A. befindet.

Die Grundwasserströmungsrichtung ist generell gegen Norden gerichtet. Der mittlere Grundwasserstand befindet sich auf etwa 280 m ü. A. bis 281 m ü. A., der höchste Grundwasserstand auf etwa 282 m ü. A. bis 283 m ü. A. Da die Konglomeratunterkante örtlich in das Grundwasser eintaucht, kann es zur Ausbildung gespannter Grundwasserverhältnisse kommen.

Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters beträgt ca. 1 E-03 m/s, die Abstandsgeschwindigkeit kann mit rund 20 m/d angegeben werden. Daraus lässt sich die spezifische hydraulische Fracht mit rund 25 m³ pro Tag und Querschnittsmeter abschätzen. Die Breite der Deponie quer zur Strömungsrichtung beträgt etwa 100 m, sodass die hydraulische Fracht unter der Deponie mit rund 2.500 m³ pro Tag grob abgeschätzt werden kann. Die Grundwasserneubildungsrate kann gemäß „Arbeitshilfe zur Abschätzung von Sickerwasserbelastungen“ an kontaminierten Standorten mit rund 10 m³/d (entspricht ca. 200 mm pro Jahr oder ca. 30 % des Niederschlags) abgeschätzt werden. Das Verdünnungspotential des Grundwassers ist demnach sehr hoch (Faktor 250).

Schutzgüter und Nutzungen

Auf der Altablagerung befinden sich landwirtschaftliche Flächen, ein Reitplatz mit einem nicht unterkellerten Gebäude, ein befestigter, nicht versiegelter Parkplatz sowie eine öffentliche Straße. In der direkten Umgebung befinden sich Schottergruben, landwirtschaftliche Flächen, eine weitere Deponie und mehrere Gewerbebetriebe (u. a. Metallbau, Sickerwasserreinigungsanlage). Die nächstgelegenen Wohnhäuser befinden sich in einer Entfernung von rund 120 m südwestlich der Altlablagerung.

Im Abstrom des Grundwassers gibt es einen Nutzwasserbrunnen in ca. 1 km Entfernung, die Trinkwasserbrunnen der Gemeinden Purgstall und Schauboden sind 1,5 km bis 2 km entfernt.

Rund 80 m östlich der Altablagerung fließt ein Bach Richtung Norden, die Erlauf fließt rund 1 km westlich der Altablagerung. Etwa 250 m nördlich befinden sich zwei Schotterteiche.

 

UNTERSUCHUNGEN

  • Sickerwasseruntersuchungen 1982 bis dato
  • Grundwasseruntersuchungen 1979 bis dato
  • Feststoffuntersuchungen im Jahr 2011
  • Deponiegasuntersuchungen im Jahr 2013

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Bei der „Mülldeponie Purgstall Süd“ handelt sich um eine Hausmülldeponie in einer ehemaligen Kiesabbaugrube, die seit Beginn der 1970er-Jahre bis 1985 betrieben wurde. Die Altablagerung umfasst eine Fläche von rund 18.000 m². Zur Ablagerung kamen etwa 130.000 m³ bis 140.000 m³ Hausmüll sowie hausmüllähnliche Abfälle aus Gewerbebetrieben. Die Mächtigkeit der Ablagerungen liegt in den Randbereichen zwischen 3,5 m und 8 m, im zentralen Bereich zwischen 10 m und maximal 12,8 m. Die Ablagerungen wurden großteils ohne Maßnahmen zum Grundwasserschutz getätigt. In einem kleinen Teilbereich erfolgt eine Sickerwassererfassung und –ableitung.

Der Untergrund der Altablagerung wird von sandig-kiesigen Sedimenten gebildet, die von einem gering durchlässigen, vermutlich aber geklüfteten Konglomeratkomplex unterlagert werden. Unterhalb des Konglomerats befinden sich grundwasserführende Kiese, die eine durchschnittliche Mächtigkeit von 4 m bis 5 m aufweisen, gefolgt vom Grundwasserstauer. Die Grundwasserströmungsrichtung ist gegen Norden gerichtet. Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters beträgt ca. 1 E-03 m/s. Die hydraulische Fracht unter der Deponie kann mit rund 2.500 m³ pro Tag und die Sickerwasserbildungsrate mit rund 10 m³ pro Tag abgeschätzt werden. Das Verdünnungspotential des Grundwassers ist demnach sehr hoch (Faktor 250).

Das Grundwasser und das erfasste Sickerwasser werden seit Ende der 1970er-/Anfang der 1980er-Jahre regelmäßig untersucht. Während die Entwicklung der Sickerwasserkonzentrationen aus der Altablagerung die für Hausmülldeponien typische Entwicklung widerspiegelt, konnte bei keiner der zahlreichen Grundwasseruntersuchungen eine für Hausmülldeponien charakteristische Veränderung der Grundwasserqualität des Grundwassers beobachtet werden. Vereinzelt auftretende erhöhte Schadstoffkonzentrationen (z. B. Kupfer, (chlorierte) Kohlenwasserstoffe) wurden meist gleichzeitig in der anstromigen Messstelle festgestellt.

Waren zu Beginn der Sickerwasseruntersuchungen in den 1980er-Jahren typischerweise sehr hohe Konzentrationen in Hinblick auf hausmülldeponiespezifische Parameter nachzuweisen, bewegen sich die Konzentrationen zurzeit bereits auf deutlich niedrigerem Niveau (chemischer Sauerstoffbedarf (CSB): rund 200 mg O2/l, Ammonium-Stickstoff: rund 100 mg/l; Bor: rund 1,5 mg/l). Entsprechend der Emissionscharakteristik von Hausmülldeponien ist mittelfristig jedoch nicht mit einer weiteren wesentlichen Abnahme der Sickerwasserkonzentrationen zu rechnen.

Eine Gegenüberstellung der im Mittel erfassten Sickerwassermenge von rund 0,4 m³/d mit der über die Versickerungsrate berechneten Sickerwassermenge von etwa 10 m³/d zeigt, dass vermutlich deutlich weniger als 10 % des Sickerwassers erfasst werden dürften. Trotzdem ist bei den vorliegenden Sickerwasserkonzentrationen aufgrund des hohen Verdünnungspotentials des Grundwassers keine Beeinträchtigung desselben zu erwarten, was durch die Messdaten im Grundwasser bestätigt wird.

In jüngster Zeit durchgeführte Feststoff- und Deponiegasuntersuchungen zeigten ein für eine mehrere Jahrzehnte alte Hausmülldeponie typisches Bild mit nach wie vor erhöhten Deponiegaskonzentrationen. Die Methankonzentrationen lagen fast flächendeckend über 20 Vol.‑%, sanken jedoch im Zuge mehrtägiger Absaugversuche auf rund 5 Vol.-%. Die Kohlendioxidkonzentrationen lagen fast durchwegs zwischen 10 Vol.-% und 20 Vol.-%. Damit korrespondierend ergaben biologische Reaktivitätstests (Atmungsaktivität und Gasbildung), dass das Gasbildungspotential des Deponiematerials zwar schon deutlich reduziert aber immer noch vergleichsweise hoch ist. Das Ablagerungsvolumen mit erhöhten Deponiegaskonzentrationen und hohem Gasemissionspotential („reaktiver Übergangsbereich“) kann mit maximal 80 % des Gesamtvolumens, d. h. etwa 110.000 m³ abgeschätzt werden.

Durch Deponiegasmessungen außerhalb des Deponiekörpers konnte eine deutliche Deponiegasmigration südlich der Altablagerung nachgewiesen werden. Die Methan- und Kohlendioxidkonzentrationen betrugen dort unter einer Asphaltversiegelung bis in eine Entfernung von rund 20 m von der Deponie bis zu 15 Vol.-%. In diesem Bereich befinden sich zurzeit neben Parkplätzen auch gewerblich genutzte Gebäude, die nicht unterkellert sind. Im Vergleich mit dem Sickerwasser ist beim Deponiegas zwar eine schnellere Abnahme der Konzentrationen zu erwarten, jedoch ist im Deponiekörper und seiner unmittelbaren Umgebung auch mittelfristig mit Kohlendioxidkonzentrationen > 10 Vol.-% zu rechnen.

Zusammenfassend ergibt sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen und Untersuchungsergebnisse, dass in der „Mülldeponie Purgstall Süd“ vorwiegend Hausmüll abgelagert wurde, der nach wie vor den typischen biochemischen Abbaureaktionen unterliegt. Die damit verbundenen Deponiegas- und Sickerwasseremissionen liegen in einer Größenordnung wie sie für eine mehrere Jahrzehnte alte Hausmülldeponie charakteristisch ist. Die immer noch hohen Sickerwasseremissionen bewirken aufgrund des hohen standortspezifischen Verdünnungspotentials keine Beeinträchtigung des Grundwassers. Die Ablagerung weist ein hohes Gasemissionspotential auf. Zudem konnte im Bereich südlich der Altablagerung eine deutliche Deponiegasmigration nachgewiesen werden. Die Altablagerung „Mülldeponie Purgstall Süd“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist die Luft. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Gasemissionspotenzial: hoch

Von Beginn der 1970er-Jahre bis 1985 wurden in einer Kiesgrube maximal 140.000 m³ hausmüllähnlicher Abfälle abgelagert. Entsprechend ihren stofflichen Eigenschaften unterliegen die Abfälle unter den gegebenen Bedingungen anaeroben Abbauprozessen, die erhöhte Deponiegasemissionen zur Folge haben. Das Volumen mit erhöhten Deponiegaskonzentrationen und hohem Gasemissionspotenzial kann mit etwa 110.000 m³ abgeschätzt werden. Aufgrund dieses Volumens und der Reaktivität der Abfälle ist das Gasemissionspotenzial als hoch zu bewerten.    

Ausbreitung der Schadstoffe: möglich

Der Untergrund ist im oberflächennahen Bereich grundsätzlich gut gasdurchlässig. Außerhalb des Ablagerungsbereiches wurden unterhalb einer asphaltversiegelten Fläche bis in etwa 20 m Entfernung max. 15 Vol.-% Methan nachgewiesen. Eine Ausbreitung von Deponiegas im Untergrund ist daher grundsätzlich möglich.          

Bedeutung des Schutzgutes: sonstige Nutzung

In unmittelbarer Nähe zur Altablagerung befindet sich ein Gewerbegebiet mit nichtunterkellerten Gebäuden. Der von den Deponiegasmigrationen gefährdete Bereich unterliegt daher diesbezüglich keiner sensiblen Nutzung. Die nächstgelegenen Wohnhäuser mit Unterkellerung liegen mehr als 100 m entfernt. Eine Deponiegasmigration bis in diesen Bereich kann ausgeschlossen werden.    

Vorschlag Prioritätenklasse: 3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der voranstehenden Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt vor, die Altablagerung "Mülldeponie Purgstall Süd" weiterhin in die Prioritätenklasse 3 einzustufen.

 

Datum der Texterstellung: Oktober 2014