Grundwasseruntersuchungen zeigen, dass der Untergrund in zwei Bereichen in einem Gesamtausmaß von mehr als 5.000 m² erheblich kontaminiert ist. Die Kontamination reicht bis in das Grundwasser in mehr als 40 m Tiefe und das Volumen des erheblich kontaminierten Bereiches wird auf mehr als 100.000 m³ geschätzt. Davon ausgehend wird das Grundwasser stark mit Bor aber auch mit Natrium und Molybdän verunreinigt. Die mit dem Grundwasser abströmende Bor-Fracht ist groß. Bei einer Breite von rund 200 m im direkten Abstrom des Altstandortes beträgt die Länge der Bor-Fahne mehr als 5 km und beeinflusst zwei Trinkwasserschutzgebiete. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich für den Altstandort "Perboratanlage Treibach-Althofen" die Prioritätenklasse 1.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Sankt Veit an der Glan,
Althofen, Althofen, 750/6 |
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Sankt Veit an der Glan,
Althofen, Treibach, 59/1 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | Waschmittelerzeugung,
Erzeugung anorganischer Grundstoffe und Chemikalien |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliche Kontamination,
erhebliches Risiko Grundwasser |
Fläche Altlast (m²): | 6.600 m² |
Volumen Altlast (m³): | 100.000 m³ |
Schadstoff(e) | Anorganische Schadstoffe (Bor)
|
Datum Eintrag Altlastenatlas: | 01.04.2021 |
Priorität: | 1 |
Status Maßnahme: | in Planung |
Art der Maßnahme: | Sicherung |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten
Der rund 21.000 m² große Altstandort "Perboratanlage Treibach-Althofen" befindet sich in Treibach-Althofen in Kärnten. Seit 1948 wird am Standort der Waschmittelrohstoff Natriumperborat (= Natriumperborat-Tetrahydrat) hergestellt. 1985 bzw. 1990 wurde die Produktion um die Herstellung von Natriumperborat-Monohydrat sowie auch Percarbonat erweitert.
Die Errichtung der Produktionsanlage zur Herstellung des Bleichmittels Natriumperborat ("Perboratanlage") erfolgte 1948 im westlichen Teilbereich des Altstandortes. Auf dem östlichen Teilbereich lag von Beginn an ein großes Rohstofflager und der werkseigene Bahnanschluss.
Bereits 1950 erfolgten erste Erweiterungen. 1969/70 wurden die erste Abfüll- und Siloanlage für den Silotransport von Perborat im südlichen Bereich der Perboratanlage errichtet. 1973 wurden die Rohstoffsiloanlagen erweitert, 1982/83 wurde eine Förderband-Anlage vom Lageplatz zu den Silos im Westen errichtet. 1984 folgte die Fertigstellung einer Lagerhalle für Perborat in Säcken. 1985 und 1990 kamen zwei weitere Anlagenteile zur Herstellung von Perborat-Monohydrat hinzu. Bis 1990 erfolgt die Lagerung der Rohstoffe unter freiem Himmel, die heutige große Rohstofflagerhalle wurde im November 1990 errichtet.
Während der Betriebszeit wurden die Anlage immer wieder modifiziert, diverse Hallen und Silos errichtet, erweitert und auch wieder entfernt. 2011 befanden sich für die Perborat-Produktion insgesamt ein 500 t Silo mit Boraxpentahydrat, ein 350 t Tank mit Wasserstoffperoxid, drei Tanks á 35 m³ für Natronlauge, ein 250 t Silo mit "Soda schwer" (Natriumcarbonat), ein 60 t Silo mit Kieserit (Magnesiumsulfat), ein 5 t Lager mit Flockungsmittel und je ein 40 t, 70 t, 120 t und 300 t Lagersilo für fertiges Perborat sowie zwei Lagerhallen á 150 t für Fertigprodukte und ein 40 t Wiegesilo am Standort. Weiters befindet sich am Standort eine Wasseraufbereitung im Stollensystem unter der Perboratanlage, welche aus einem Becken für Spritz- und Reinigungswässer (Betonwanne, 24 m³), einem für Produktionsabwässer (Betonwanne 24 m³), drei Pufferbehältern (á 30 m³) und einem Schwefelsäuretank (Edelstahl) besteht.
Zu Beginn der Produktion erfolgte die Herstellung von Natriumperborat aus Borax (Natriumborat, alter Begriff auch "Tinkal") und dem kristallwasserärmeren Boraxmineral Kernit (Natriumtetraborat, Rasorit). Mitte 2002 erfolgte die komplette Umstellung auf den Rohstoff Boraxpentahydrat.
Zur Herstellung des Natriumperborats wird den Rohstoffen in Anlösekesseln Natronlauge und Soda (Natriumcarbonat) zugefügt. Die dadurch entstehende borhaltige Lauge wird in einem Vakuumkristallisationskessel mit Wasserstoffperoxid versetzt und zur Stabilisation der entstandenen Natriumperboratsuspension Magnesiumsulfat zugesetzt. Der entstandene Kristallbrei wird gekühlt, zentrifugiert und anschließend in elektrisch beheizten Fließbetttrocknern getrocknet und als Natriumperborat-Tetrahydrat in die Lagersilos transportiert. Der Großteil der Mutterlauge wird rückgeführt, aus dem anderen Teil wird Bor weitest möglich mit Natronlauge und Wasserstoffperoxid auskristallisiert und ebenfalls dem Prozess wieder zugeführt. Die übrige Lösung wird in der Wasseraufbereitungsanlage zusammen mit Lösungen aus dem Spritzwasserbecken und Fallwässern der Brüdenkondensation mit Schwefelsäure neutralisiert und in die Gurk abgeleitet.
1990 lag die Produktionsmenge von Perborat-Tetrahydrat am Altstandort bei 50.000 t/a. Im Rahmen der Produktion von Perborat aus Borax und Kernit fielen jährlich bis zu 11 Massen-% (3.000 t/a im Jahr 1984) lehmartige Abfälle ("Gangartrückstände" mit 0,6 % Bor in TM) an. Diese wurden zuerst auf die eigene Betriebsdeponie entsorgt, seit 1990 erfolgt eine Verwertung in der Zementindustrie. Mit der Umstellung auf den Rohstoff Boraxpentahydrat wurde die Kapazität auf 60.000 t/a Perborate erhöht und die Produktion abfallfrei.
Untergrundverhältnisse
Der Altstandort liegt in der Talebene der Gurk – am Beginn einer Talerweiterung –, das sogenannte „Krappfeld“, welches sich über eine Länge von 14 km von Norden nach Süden bis zur Ortschaft Passering erstreckt. Das Krappfeld ist ein schmal begrenztes Einbruchsbecken, das treppenförmig – entlang von Nord nach Süd streichenden tektonischen Brüchen – zwischen den Gurktaler Alpen im Westen und der Saualpe im Osten abgesenkt ist. Die Gurktaler Decke und mergelige Ablagerungen aus der Oberkreide bilden den Beckenuntergrund. Die Sedimentfüllung des Beckens besteht aus glazialen Grobkiesen bis Feinsanden, in die immer wieder schluffige Lagen aber auch große Findlinge sowie konglomerierte Schichten eingeschaltet sind.
Im Bereich des Altstandortes wurden mächtige Sande und Kiese erbohrt. In einer Tiefe von 30 m u. GOK befindet sich in diese eingebettet eine nicht durchgehend vorhandene, bis zu 1 m mächtige Schluff-Schicht. Ab einer Tiefe von 50 Metern nimmt im Bereich des Altstandortes der Fein- bis Mittelsandanteil stark zu. Aus einer Bohrung rechtsufrig der Gurk ist ersichtlich (vgl. GW4), dass in 110 m u. GOK schluffig-sandige, verfestigte Tone anstehen, die auf dem Grundgebirge aufliegen und als Stauer anzusprechen sind. Damit liegt im Bereich des Altstandortes ein durchgehender Grundwasserleiter (= Hauptgrundwasserleiter) vor. Erst weiter südlich des Altstandortes sind die dichten Einschaltungen in den Kiesen und Sanden so ausgeprägt, dass ein weiterer – oberflächennaher Grundwasserleiter – vorliegt. Mehrere Kilometer abstromig liegt zudem eine Differenzierung des Hauptgrundwasserleiters in zwei Tiefen vor.
Der Grundwasserflurabstand im Bereich des Altstandortes liegt bei 42 bis 44 m unter GOK. Im Rückblick der letzten 30 Jahre schwankt der Grundwasserspiegel um bis zu 5 Meter. Die jährlichen Schwankungen können mit 0,5 bis 2 m angegeben werden. Die Grundwasserströmung ist von Nordnordwest nach Südsüdost (im weiten Abstrom Nord-Süd) gerichtet. Das Grundwassergefälle liegt bei 1 – 4 ‰. Der kf-Wert liegt bei 2 * 10-3 m/s. Die spezifische hydraulische Fracht je Meter Abstrombreite kann – für die obersten 10 m Grundwassermächtigkeit – mit mindestens 5 m³/d abgeschätzt werden. Die hydraulische Facht über die Abstrombreite des Altstandortes (200 m) liegt bei wenigstens 1.000 m³/d. Über die gesamte Aquifermächtigkeit kann von einer hydraulischen Gesamtfracht über die Abstrombreite von 200 m von mindestens 1.600 m³/d ausgegangen werden.
Die mittlere Jahresniederschlagssumme im Bereich des Altstandortes liegt bei 800 mm, die Grundwasserneubildung erfolgt über die Versickerung von Niederschlag. Im Bereich des Altstandortes infiltriert zudem (bei Sommerhochwasser) das Wasser der Gurk über deren Flanken.
Schutzgüter und Nutzungen
Der Altstandort wird weiterhin zur Produktion von Perboraten und Perkarbonat genutzt und ist großflächig mit Produktionsgebäuden bebaut. Der ehemals offene Lagerbereich im Osten des Altstandortes ist mit einer großen Lagerhalle überbaut worden. Weitere große Außenbereiche sind mit Asphaltflächen versiegelt. Im östlichen Randbereich des Altstandortes liegt eine unversiegelte Freifläche vor, weiters befindet sich ein Wiesenbereich südlich der Lagersilos.
Westlich des Altstandortes fließt die Gurk Richtung Süden bzw. Südwesten. Rechtsufrig davon schließt der Standort der Treibacher Industrie AG an, auf dem seit über hundert Jahren Metalle und Metalllegierungen erzeugt bzw. umgeschmolzen sowie Seltene Erden verarbeitet werden. Östlich der Lagerhalle liegt der Bahnhof Treibach-Althofen mit einem PKW-Parkplatz. Im Norden liegen mehrere Grünflächen und Verwaltungs- bzw. Wohngebäude. Südlich des Altstandortes – getrennt durch Grünflächen – befinden sich Wohnhausanlagen und größere Gewerbebetriebe. Rund 150 m südwestlich liegt die Altlast K7 "Deponie Roßwiese" auf der seit 1950 Produktions-abfälle der Treibacher Industrie AG (u.a. Schlacken, Laugungsrückstände) sowie von der Perboratanlage (Tinkalschlamm bzw. Gangartrückstand) abgelagert wurden. 1992 wurde der Deponiebetrieb eingestellt, 1995 die Altablagerung mit einer Oberflächenabdichtung ausgestattet.
Im Abstrom des Altstandortes liegen diverse Nutzwasserbrunnen. Rund 3 km abstromig der Perboratanlage beginnt das Wasserschutzgebiet eines Brunnens der Gemeindewasserversorgung Kappel am Krappfeld, rund 4.500 m abstromig des Altstandortes beginnt das Wasserschutzgebiet einer großen Brunnenanlage des WV Wasserverband Klagenfurt - St. Veit ".
UNTERSUCHUNGEN
Im großräumigen Untersuchungsgebiet wurden bis 2016 folgende Untersuchungen durchgeführt:
- Grundwasseruntersuchungen an div. Grundwassermessstellen (seit 1995)
- Depositionsmessungen (1997 und 2000) und Bodenuntersuchungen (2016)
Von 2018 bis 2020 wurden folgende weitere Untersuchungen durchgeführt:
- Vorabtermin Grundwasserprobenahme (Pump- und Schöpfproben) an rund 30 Messstellen und Entnahme von drei Oberflächenwasserproben aus der Gurk (Sep. und Nov. 2018)
- Errichtung von acht Grundwassermessstellen inkl. Entnahme und Analyse von Feststoff- und Schöpfproben (Juli 2018 und März 2019)
- Zwei Termine Oberflächen- und Grundwasserprobenahmen an bis zu 30 bestehenden und neu errichteten Grundwassermessstellen (Juni 2019 und Oktober 2019)
- Tiefengestaffelte (3 Tiefenstufen) Grundwasserprobenahmen (Juni 2019) und 24-stündige Pumpversuche (März 2019) an zwei Messstellen im direkten Abstrom des Altstandortes
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Auf dem 21.000 m² großen Altstandort wird seit 1948 der Waschmittelrohstoff Natriumperborat produziert. Zu Beginn der Bleichmittelproduktion erfolgte dessen Herstellung aus Borax und dem Boraxmineral Kernit. Mitte 2002 erfolgt die Umstellung auf den Rohstoff Boraxpentahydrat.
Seit Produktionsbeginn befindet sich die Perboratanlage auf dem rd. 12.000 m² großen Westteil des Altstandortes. In diesem Bereich liegen auch diverse Silos, Tanks und die Wasseraufbereitung. Im Laufe des Betriebes erfolgten immer wieder umfangreiche Anpassungen und Modernisierungen.
Auf dem rd. 9.000 m² großen östlichen Teilbereich des Altstandortes lag von Produktionsbeginn an ein großes Rohstofflager mit eigenem Bahnanschluss. Bis 1990 erfolgt die Lagerung von Borax und Kernit unter freiem Himmel. Im November 1990 wurde das Borax- und Kernitlager dann mit einer großen Rohstofflagerhalle überbaut und weitere Freiflächen versiegelt.
Untergrundaufschlüsse auf dem Altstandort, unter der Perboratanlage und auf dem Lagerplatz erfolgten aufgrund der Verbauung keine. Aus den Untersuchungen bei der Errichtung der Grundwassermessstellen ist ersichtlich, dass durch die langjährige Staubdeposition im Umfeld des Altstandortes die obersten Meter des Untergrundes mit Bor verunreinigt sind. Bei Eluatuntersuchungen wurde eine geringe Mobilisierbarkeit von Bor festgestellt, die maximal im Bereich des Trinkwassergrenzwertes von 1 mg/l lag. Weiters liegen großräumige Belastungen des Bodens mit Molybdän vor, die im Bereich des Altstandortes wenige Meter tief reichen. Molybdän war ebenfalls nur begrenzt mobilisierbar. Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass die Belastungen des Bodens durch Staubdeposition einen relevanten Einfluss auf das Grundwasser in 40 m Tiefe haben.
Die Grundwasseruntersuchungen zeigen, dass es sowohl im Bereich des ehemaligen Lagerplatzes als auch im Bereich der Perboratanlage zu einem tiefreichenden Eintrag von Schadstoffen in den Untergrund gekommen ist und diesen auch erheblich verunreinigt hat.
Für das Borax-Lager ist davon auszugehen, dass es durch die 40 Jahre lange offene Lagerung zu einer stetigen Auswaschung (Löslichkeit Borax = 25,6 g/l) und Verlagerung von Bor und damit zu einer tiefreichenden Borverunreinigung bis in das Grundwasser gekommen ist. Auf einer Fläche von 2.100 m² ist der Untergrund mehr als 42 m tief mit Bor belastet. Das verunreinigte Volumen wird sehr grob mit mehr als 80.000 m³ abgeschätzt.
Die Grundwasseranalysen zeigen, dass es im Bereich der Perboratanlage zu einem weiteren Schadstoffeintrag in den Untergrund kam. In diesem Bereich liegen die Borkonzentrationen im Grundwasser in ähnlich hoher Konzentration wie abstromig des Borax-Lagers vor, zusätzlich werden typische Stoffe des Produktionsprozesses, insbesondere Natrium (Einsatz von Natronlauge, Natriumcarbonat, …), nachgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass es auf dem 4.500 m² großen Bereich der Perboratanlage lokal zu einem tiefreichenden Eintrag über Prozess- und Abwässer gekommen ist. Es wird weiters angenommen, dass mit diesen Wässern auch Molybdän tiefreichend in den Untergrund eingetragen wurde. Im Bereich der Perboratanlage sind zumindest mehrere 10.000 m³ des Untergrundes erheblich mit Bor, Natrium und Molybdän verunreinigt.
Die Untergrundbelastungen im Bereich des Borax-Lagers und der Perboratanlage verursachen eine Verunreinigung des Grundwassers mit Bor, Natrium und Molybdän. Die Borkonzentration liegen im unmittelbaren Grundwasserabstrom des Altstandortes beim Vielfachen des Trinkwassergrenzwertes. Betreffend Molybdän existiert kein Trinkwassergrenzwert für Österreich, aus internationalen Richtwerten (z. B. WHO) lässt sich aber für den Altstandort ein Vergleichswert von 0,05 mg/l für Molybdän für eine gute Grundwasserqualität ableiten.
Von den Kontaminationsbereichen strömt Bor mit dem Grundwasser ab. Nach 500 m Fließstrecke liegt Bor weiterhin über dem Trinkwassergrenzwert, erst nach 1 km sinken die Borkonzentrationen unter diesen ab. Im gesamten weiteren Fließverlauf liegen im mehreren Messstellen immer noch Borkonzentrationen über dem Prüfwert vor. Eine Beeinflussung des Grundwassers (Bor-Werte zwischen 0,1 bis 0,6 mg/l) ist auch nach vielen Kilometern und auf einer Abstrombreite von deutlich mehr als einem Kilometer nachgewiesen. In einem der Trinkwasserbrunnen – in mehr als 5 km Entfernung zum Altstandort – liegt Bor weiterhin deutlich über dem Prüfwert. Insgesamt hat die Fahne – die von den zwei Schadensbereichen ausgeht – im unmittelbaren Abstrom des Altstandortes eine Breite von 200 m und eine Gesamtlänge von über 5 Kilometern.
Ausgehend von der Perboratanlage strömen zusätzlich insbesondere Natrium und Molybdän mit dem Grundwasser ab. Diese sinken auf den ersten 200 Fließmetern auf geringe Konzentrationen ab. Für den weiteren Abstrom ist erkennbar, dass zwischen 0,5 und 2 km Fließstrecke die Molybdänkonzentrationen wieder sprunghaft ansteigen. Dieser Anstieg ist auf die Altlast K 7 "Deponie Roßwiese" zurückzuführen. Im weiteren Fließverlauf (wenige 100 m) sinken die Molybdänwerte von 0,1 mg/l wieder unter den Vergleichswert von 0,05 mg/l ab. In einzelnen Messstellen und in einem Trinkwasserbrunnen in 5 km ist Molybdän noch in Spuren nachweisbar.
Die abströmende Borfracht lässt sich bei einer Konzentration von 5 mg/l Bor mit mind. 5,2 kg/d bzw. 2.000 kg/a berechnen und ist als groß zu beurteilen. Ebenso als groß ist die von der Perboratanlage abströmende Natriumfracht zu beurteilen. Die Molybdänfracht ist mit 30 bis 40 g/d deutlich geringer, dennoch aber erhöht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Untergrund im Bereich des Altstandortes tiefreichend mit Bor kontaminiert ist. Die Fläche des erheblich verunreinigten Untergrundbereiches lässt sich mit mehr als 5.000 m², das Volumen in einer Größenordnung von mehr als 100.000 m³ abschätzen. Ausgehend von den Untergrundverunreinigungen wird das Grundwasser mit Bor, Natrium und Molybdän verunreinigt. Die mit dem Grundwasser abströmende Borfracht ist groß, die Länge der Fahne beträgt 5 km und beeinflusst eine hochwertige Trinkwasserversorgung.
PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG
Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:
Schadstoffpotenzial: groß
Im Bereich des Altstandortes ist der Untergrund tiefreichend mit Bor verunreinigt. Das Volumen des verunreinigten Untergrunds kann mit mehr als 100.000 m³ abgeschätzt werden und ist groß. Bor kann als Stoff mit minderschädlichen Stoffeigenschaften eingestuft werden. Unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmengen ergibt sich insgesamt ein großes Schadstoffpotenzial.
Schadstoffausbreitung: weitreichend
Aufgrund der Untergrundverhältnisse und der Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen kann die Länge der Schadstofffahne mit zumindest 5 km abgeschätzt werden. Die Schadstofffracht für Bor im Grundwasser ist groß. Es ist davon auszugehen, dass die Bor-Konzentrationen und Frachten nur langsam abnehmen werden und es damit noch sehr langfristig zu einem großen Austrag kommt.
Schutzgut: hochwertig
Der Altstandort liegt in einem ergiebigen Grundwasserkörper, in dem mehrere Wasserschutzgebiete liegen. Die Schadstofffahne im Grundwasser reicht bis in zwei Wasserschutzgebiete. In mehreren Brunnen zur öffentlichen Trinkwasserversorgung wird Bor im geförderten Wasser nachgewiesen.
Prioritätenklasse - Vorschlag: 1
Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 1.
Datum der Texterstellung: Oktober 2020