Altlast W31: Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach

Beim Altstandort "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" handelt es sich um einen 13.000 m² großen Industriestandort, auf dem von 1887 bis 1928 Glühstrümpfe hergestellt und Rückstände aus der Uranerz-Aufbereitung sowie radioaktiven Pechblendenrückständen behandelt wurden. Im Bereich des Altstandortes ist eine wenige Meter in die Tiefe reichende, großflächige Verunreinigung mit Cer, Thorium und Uran vorhanden. An mehreren Stellen des Altstandortes wurde eine Strahlenbelastung gemessen.

Für einen rund 3.500 m² bzw. 7.000 m³ großen verunreinigten Bereich ist eine Mobilisierbarkeit von Uran gegeben. Ein Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser ist aufgrund der geohydrologischen Situation am Standort sehr gering. Der erheblich verunreinigte Bereich des Altstandortes stelle eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Wien 23.,Liesing,
Wien,
Atzgersdorf,
1054/23, 1054/24, 1054/25, 1054/26, 1143/28
Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Wien 23.,Liesing,
Wien,
Inzersdorf,
1747/4, 1747/6, 1747/7, 1747/8, 1747/9, 1747/10, 1747/12, 1747/13, 1797, 1800/1
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Chemische Industrie
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 3.500 m²
Volumen Altlast (m³): 7.000 m³
Schadstoff(e) Metalle (Uran)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.07.2018
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.07.2018
Priorität: 3
Sanierungsverfahren: Bodenaustausch

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" liegt im 23. Wiener Gemeindebezirk Liesing in den Katastralgemeinden Atzgersdorf sowie Inzersdorf, rund 250 m nördlich vom Wohnpark Alt-Erlaa. Direkt südlich an den Altstandort angrenzend fließt der Liesingbach.

Bei dem Altstandort handelt es sich um einen rd. 13.000 m² großen ehemaligen Industriestandort, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt wurde. Bis 1887 wurden am Standort Pharmazeutika und Farben erzeugt. 1887 kauft Carl Freiherr Auer von Welsbach die Fabrik und begann mit der Herstellung von Gasstrümpfen bzw. Glühstrümpfen ("Glühstrumpf-Fabrik") sowie der Gewinnung von Radium aus Uranerzen bzw. Pechblendenrückständen.

Nach der Erfindung der Metalldrahtlampe wurden aus der Österreichischen Gasglühlicht Gesellschaft 1904 die Osmium-Werke abgespalten, die südlich des Altstandortes "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" – d.h. rechtsufrig des Liesingbachs – auf den heutigen "Osram-Gründen" situiert wurden. Die Österreichische Gasglühlicht AG, d.h. die Glühstrumpffabrik wurde parallel weiterbetrieben und war noch bis zum Jahr 1928 am Altstandort situiert.

Zur Produktion von Glühstrümpfen (mit Salzen seltener Erden präpariertes Gewebe, das in gasbetriebenen Leuchten durch eine Gasflamme zum Leuchten angeregt wird) wurden in der Fabrik aus Monazit-(Cer)-Sanden ((Ce,La,Nd,Th)[PO4] bzw. CePO4) Cer und Thorium aufgearbeitet. Die hergestellten Glühstrümpfe, die Cernitrat und Thorium enthielten, wurden darüber hinaus mit Rotfluid bzw. Fixingfluid imprägniert, dessen Hauptbestandteil Berylliumchlorid war.

Parallel zur Produktion von Glühstrümpfen wurden 1904 von der Österreichische Gasglühlicht AG zehn Tonnen Verarbeitungsrückstände aus der Uranerzaufbereitung aus Joachimsthal (Jáchymov) erworben. Aus diesen und weiteren radioaktiven Pechblendenrückständen (Uran(IV)-oxid), das durch den radioaktiven Zerfall (Uran-Radium-Reihe) auch bis zu 20 % Bleioxid enthielt) wurden bis 1907 vier Gramm Radiumchlorid gewonnen. Weiters wurden am Altstandort diverse Hilfsstoffe wie Säuren und Laugen, Ammoniak, Natriumnitrat und Schwefel eingesetzt.

Im Norden des 13.000 m² großen Altstandortes lag auf rund 8.000 m² die Fabrik mit den Labors. Im Süden des Altstandortes waren auf rd. 5.000 m² die Materialdepots und Rückstandslager situiert. Die Nutzungen aller ehemaligen Betriebsgebäude ist nicht mehr vollständig bekannt. Weiters gehörte westlich des Altstandortes noch ein Wohnhaus mit Garten zum ehemaligen Betriebsreal, Betriebsanlagen befanden sich auf diesem 5.000 m² großen Areal keine.

Hinweise auf den Zeitpunkt des Abbruches der Fabrikgebäude gibt es keine mehr. Aus Luftbildern ist erkennbar, dass der Abbruch vor 1938 stattfand. Das Wohnhaus ging nach 1928 in
Privatbesitz über. Auch zu dessen Abbruch gibt es keine Hinweise.

Im Jahr 1948 erfolgte die Einreichung zum Bau einer Schuhmacher Werkstatt am gegenständlichen Areal. 1952 wurde die Aufstellung einer Baracke und 1954 die Errichtung einer Werkstätte und eines Magazins eingereicht. Das Luftbild aus 1963 zeigt bereits einen Lagerplatz am Areal.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort befindet sich im nördlichen Randbereich des Liesinger Schwemmfächers, der von Wienerwaldschottern geprägt ist. Unterhalb der Schotter, lagern miozäne Lockergesteine des Unterpannons mit einer Mächtigkeit von bis zu 20 m, welche von miozänen Lockergesteinen des Sarmats unterlagert werden. Sowohl im Unterpannon als auch im Sarmat sind linsenförmige Sand- und Schotterbereiche eingelagert, die gespannte Grundwasserverhältnisse aufweisen.

Der Altstandort liegt auf 197,7 bis 200,7 m ü.A. und ist anthropogen überprägt. Natürlich stehen unter wenigen Metern mächtigen Kiesen und Sanden, mehrere Meter mächtige Schluffe mit Einschaltungen von grobkörnigeren Sedimenten an, die gegenüber den Kiesen und Sanden als relativer Stauer anzusehen sind. Darunter befinden sich weitere sandige Kiese oder Wechsellagen aus Sanden, Kiesen und Schluffen. Diese wasserführenden Sedimente wurden stromauf der Liesing bis in 12 m Tiefe beobachtet. Unterlagert werden diese wiederum von Schluffen.

Die Wasseroberfläche der Liesing liegt bei geringer Wasserführung im Bereich des Altstandortes auf einer Höhe von etwa 194,9 m über Adria. Bei Aufschlussbohrungen im Nahbereich des Altstandortes wurde das Grundwasser bei rund 196,0 bis 196,7 m ü. Adria, d.h. rund 2 bis 3 m unter GOK angetroffen. Bei den Rammkernbohrungen auf dem Altstandort wurde dieses aber nur zum Teil bestätigt, teilweise wurde bis 194 m ü.A. kein Wasser erbohrt.

Betreffend die Grundwasserströmungsrichtung kann davon ausgegangen werden, dass diese im Bereich des Altstandortes nach Osten gerichtet ist. Die Durchlässigkeit des obersten Aquifers kann mit einem kf-Wert von 1 x 10-4 m/s abgeschätzt werden. Die Mächtigkeit der ersten wasserführenden Schicht ist auf maximal wenige Meter begrenzt. Die vom Altstandort abströmende hydraulische Fracht in diesem ersten Schichtwasserleiter ist gering.

Darunter existieren zumindest zwei weitere Grundwasserstockwerke. Geologische Schnitte aus dem Untersuchungsgebiet zeigen Grundwasserbeobachtungen in Tiefen von 15 m bis 20 m (zweites Grundwasserstockwerk) und ein drittes Grundwasserstockwerk in 35 bis 45 m.

Schutzgüter und Nutzungen

Der nördliche Bereich des Altstandortes wird als Lagerplatz des Magistrats der Stadt Wien genutzt. Die rund 8.000 m² dieses Bereiches sind vollflächig mit einer Asphaltdecke versiegelt. Es ist davon auszugehen, dass Niederschlagswässer in den bestehenden Regenwasserkanal und dann weiter in die Liesing abgeleitet werden. Dieser Bereich lässt sich gemäß ÖNORM S 2088-2 in die Nutzungsklasse "Industrie, Gewerbe und Verkehr" einstufen.

Die südlichen Grundstücke des Altstandortes sind heute unbebaut und Bestandteil einer den Liesingbach begleitenden Grünanlage. Diese ist mit großen Bäumen und Wiesenflächen bewachsen und wird von einem befestigten Spazierweg durchzogen. Weiters wurde 2016 in diesem Bereich eine abgezäunte Hundezone errichtet. Der gesamte Bereich der Grünanlage lässt sich gemäß ÖNORM S 2088-2 in die Nutzungsklasse "Freizeit und Erholung" einstufen.

Westlich und südlich des Altstandortes setzen sich die Grünanlagen fort. Auch der Bereich des ehemaligen Wohnhauses ist heute mit Wiesen und Bäumen bewachsen. In Richtung Osten grenzen an den Altstandort Felder an. Im Norden liegt durch eine Straße vom Altstandort getrennt eine Bebauung mit Einzelwohnhäusern vor. Südlich der Liesing befindet sich mit den
OSRAM-Gründen ein weiterer Altstandort im Nahbereich der ehemaligen Glühstrumpf-Fabrik.

Die Altablagerung liegt im Schongebiet der Heilquellen Oberlaa, welche von Thermalwässern aus mehreren 100 m Tiefe gespeist wird. Rund 150 m im seitlichen Grundwasserabstrom zum Altstandort existieren zwei Tiefbrunnen, die von einer Gärtnerei zu Bewässerungszwecken genutzt werden. Diese beiden Brunnen erschließen das dritte Grundwasserstockwerk in einer Tiefe von 35 bis 45 m u. GOK. Ein weiterer, 100 m südöstlich des Altstandortes gelegener Tiefbrunnen, des Wohnparks Alt-Erlaa liegt nicht im Abstrom des Altstandortes. Im direkten Abstrom sind keine Hausbrunnen bekannt.

 

UNTERSUCHUNGEN

Auf dem Altstandort "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" wurden im Zeitraum von 2012 bis 2014 die folgenden Untersuchungen durchgeführt:

  • Oberflächenmessungen zur Strahlenbelastung des Bodens
  • Bodenuntersuchungen hinsichtlich radioaktiver Belastungen und Metallverunreinigungen

Im Jahr 2016 erfolgten im Rahmen von ergänzenden Untersuchungen gem. §13 ALSAG die folgenden weiteren Untersuchungen:

  • Entnahme vom Bodenproben auf 26 Teilflächen aus drei Tiefenstufen und Gesamtgehaltsbestimmungen an 78 Proben sowie Eluat-Untersuchungen an 15 Proben (April 2016)
  • Kampfmittelvorerkundung und anschließende Durchführung von 16 Rammkernbohrungen
  • Entnahme von 114 Feststoffproben und Analyse auf Gesamtgehalte (53 Stk.), 2:1 Eluate (20 Stk.) und 10:1 Eluate (5 Stk.) (Juni 2016)
  • Strahlenschutztechnische Begleituntersuchungen (April bis Juni 2016)

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Auf dem 13.000 m² großen Altstandort "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" wurden von 1887 bis 1928 Glühstrümpfe produziert. Dabei wurden neben Monazit-(Cer)-Sanden zur Gewinnung von Cer und Thorium auch Berylliumchlorid zur Imprägnation der Strümpfe eingesetzt. Weiters wurden Rückstände aus der Uranerz-Aufbereitung weiterverarbeitet bzw. radioaktive Pechblendenrückstände behandelt sowie diverse weitere Hilfsstoffe wie Säuren und Laugen, Ammoniak, Natriumnitrat und Schwefel eingesetzt. Im Rahmen des langjährigen Betriebs kam es zu Verunreinigungen des Untergrundes mit Metallen und auch zu radioaktiven Belastungen.

Verunreinigungen mit Metallen

Die Untersuchungen zeigen, dass im Bereich des ehemaligen Wohnhauses keine Betriebsanlagen, keine nennenswerten Anschüttungen als auch keine altlastenrelevanten Belastungen vorliegen und dieser Bereich nicht Teil des Altstandortes ist.

Verunreinigungen am Altstandort mit Blei bzw. Bleioxid aus den Pechblenden-Rückständen, Cadmium oder Quecksilber wurden sowohl bei den Boden- als auch bei den Untergrunduntersuchungen in keinen relevanten Mengen und Konzentrationshöhen festgestellt. Die Belastungen sind punktuell in den obersten Bodenschichten und nicht mobilisierbar. Beryllium ist im Untergrund weitgehend unauffällig. Die auf den Referenzflächen angetroffenen Belastungen des Bodens mit Chrom stehen nicht im Zusammenhang mit der historischen Nutzung des Altstandortes und sind im Kontext zur Düngung der Ackerflächen mit mineralischen Phosphordüngern zu sehen.

Insgesamt stimmen die Belastungen im Boden räumlich gut mit denen im Untergrund überein. Die Aufschlüsse zeigten weiters im Vergleich mit den Analysen, dass Uran und Thorium zum überwiegenden Teil in Gemischen aus Anschüttungen und Boden und nicht im gewachsen Boden angetroffen werden.

Mit Urankonzentrationen im Gesamtgehalt von 0,7 bis 1,4 mg/kg auf den Referenzflächen liegen diese im Bereich üblicher Hintergrundgehalte für Grünland in Österreich (0,35 bis rd. 2 mg/kg, BMLFUW 2016) bzw. für sandige (1 bis 1,4 mg/kg) bis schluffige Böden (1,6 bis 2,5 mg/kg, Umweltbundesamt, Dessau-Rosslau 2012). Die Ableitung eines standortspezifischen Prüfwertes für Uran ergibt 2,5 mg/kg. Ab Urangehalten von 5 mg/kg ist von einer stark erhöhten Belastung auszugehen.

Anhand der Boden- und Untergrunduntersuchungen lässt sich ein mit Uran stark verunreinigter Bereich (> 5 mg/kg) von rd. 3.500 m² abgrenzen. Die am tiefsten reichende Uran-Verunreinigung befindet sich im Südosten des Altstandorts und steht im Zusammenhang mit den ehemaligen Materialdepots und Rückstandlagern. Von dort aus reicht die Kontamination bis in den Bereich der ehemaligen Fabrik, ist dort aber meist nur oberflächennah vorhanden. Für diesen Bereich ist eine Mobilisierbarkeit von Uran mit dem Sickerwasser nachgewiesen. Im Eluat kontaminierter Proben wurden für Uran Konzentrationen festgestellt, die den Grenzwert für Trinkwasser um das 2- bis max. 3-fache überschreiten. Das Ausmaß des erheblich mit Uran kontaminierten Untergrundes lässt sich mit 7.000 m³ abschätzen.

Die Feststoffuntersuchungen unterhalb der Anschüttungen zeigen, dass bisher kein relevanter Austrag von Uran in den tieferen Untergrund erfolgt ist. Weiters sind ca. 30 % des kontaminierten Bereiches mit einer Asphaltdecke oberflächig versiegelt. Oberflächennah (bis in 5 m u. GOK) sind keine Grundwasserhorizonte ausgebildet. In der Umgebung des Altstandortes sind zusammenhängende Grundwasserhorizonte erst ab Tiefen von 15 m bis 20 m und deutlich tiefer bekannt. Eine Ausbreitung von Uran über das Grundwasser bis in den Bereich von genutzten Brunnen ist daher ausgeschlossen.

Die Thoriumkonzentrationen auf den Referenzflächen liegen zwischen 2 bis 10 mg/kg. Die Referenzkonzentrationen für Thorium in Gesteinsproben im Großraum Wiens liegen bei rd. 10 bis 20 mg/kg. Weiters sind Thoriumkonzentrationen in Bachsedimenten aus diesem Bereich von 10 bis 39 mg/kg üblich (Geologische Bundesanstalt 2014). Die Ableitung eines standortspezifischen Prüfwertes ergibt für Thorium 10 mg/kg. Ab Thoriumkonzentrationen von 50 mg/kg ist von einer stark erhöhten Belastung auszugehen. Anhand der Boden- und Untergrunduntersuchungen lässt sich der mit Thorium stark verunreinigte Bereich mit rd. 3.200 m² abgrenzen. De Fläche des durch Thorium verunreinigten Bereiches ist nicht vollständig deckungsgleich mit dem durch Uran verunreinigten Bereich, die Verunreinigungen sind im Vergleich auch weniger tiefreichend., Der mit Thorium stark kontaminierte Untergrund lässt sich mit 5.000 m³ abschätzen. Thorium zeigt sich bei den Untersuchungen nicht mobil, ein Eintrag ins Grundwasser ist nicht zu erwarten.

In Bezug auf Cer zeigt sich eine ähnliche Verteilung wie für Thorium. Die Konzentrationen im Gesamtgehalt auf den Referenzflächen liegen zwischen 26 bis 120 mg/kg, wobei für die Fläche mit den höchsten Werten davon ausgegangen werden muss, dass diese noch einen Einfluss des Altstandortes zeigt. Als geogener Hintergrund kann Cer im Mittel mit 54 mg/kg im Unterboden angenommen werden (Geologische Bundesanstalt 2015), im Osten Österreichs werden Cer-Konzentrationen in Flusssedimenten bis rd. 85 mg/kg angetroffen. Die Ableitung eines standortspezifischen Prüfwertes ergibt für Cer 100 mg/kg. Ab Cer-Gehalten von 500 mg/kg ist von einer stark erhöhten Belastung auszugehen. Anhand der Boden- und Untergrunduntersuchungen lässt sich der mit Cer stark verunreinigte Bereich mit einer Fläche von rd. 2.400 m² und einem Volumen von rd. 3.500 m³ abschätzen. Dass Cer generell nur gering mobilisierbar ist bestätigen die Ergebnisse der Eluatuntersuchungen, welche in der Regel deutlich unter dem vom deutschen Umweltbundesamt empfohlenen Prüfwert von 20 µg/l für Cer im Trinkwasser liegen. Ein relevanter Austrag von Cer über das Sickerwasser bzw. eine Ausbreitung im Grundwasser ist nicht zu erwarten.

Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen – zusammenfassende Risikoanalyse

Der nördliche Teil der erheblich kontaminierten Fläche wird als Lagerplatz genutzt, die Oberfläche ist vollständig versiegelt. Eine Exposition und Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen ist ausgeschlossen.

Der südliche Teil der erheblich kontaminierten Fläche wird als Park bzw. seit 2016 zum Teil auch als Hundezone genutzt. Es liegt eine weitgehend geschlossen Vegetationsdecke (Bäume und Wiesen) vor. Dementsprechend sind die unmittelbare Aufnahme von  kontaminiertem Boden durch Menschen (oral) oder die Aufnahme von Schadstoffen über Hautkontakt (dermal) für eine mögliche Exposition nicht maßgeblich. Durch grabende Hunde wird wiederholt eng begrenzt Boden freigelegt. Die mögliche Aufwirbelung von Staub bleibt jedoch auf Grund der kleinen Flächen (<< 1 m²) gering, so dass auch keine maßgebliche zusätzliche Aufnahme von Staub durch Menschen über Inhalation möglich ist.

Das Grundwasser am Altstandort wird nicht genutzt. Weiter abstromig des Altstandortes wird Wasser aus 35 – 45 m Tiefe zu Bewässerungszwecken genutzt. Eine Möglichkeit zur Schadstoffaufnahme über das Grundwasser ist nicht gegeben.

In Zusammenhang mit der aktuellen Nutzung des Altstandortes kann ausgeschlossen werden, dass es zu einer relevanten Aufnahme von Schadstoffen (Uran, Thorium oder Cer) durch Menschen kommt.

Strahlenbelastungen am Altstandort

Auf insgesamt sieben Teilflächen des Altstandortes mit einem Ausmaß von insgesamt weniger als 1.000 m² wurden Ortsdosisleistungen (ODL) gemessen, die als signifikant erhöht beurteilt wurden und im Bereich bzw. über dem zulässigen Dosisgrenzwert für Einzelpersonen der Bevölkerung (1 mSv/a bzw. rd. 0,1 µSv/h; zusätzlich zur natürlichen Strahlung von rd. 0,3 µSv/h) lagen. Als Strahler wurden Thorium-232 und Uran‑238 identifiziert. Radioaktive Cer-Isotope wurden keine festgestellt. Die Lage der Bereiche mit erhöhter ODL stimmt mit den Bereichen mit hohen Uran- und Thorium-Konzentrationen im Gesamtgehalt überein.

Der mit 500 m² größte und am höchsten strahlenbelastete Teilbereich wurde im Bereich der ehemaligen Lager im Südosten des Altstandortes angetroffen. Ende 2014 erfolgte in diesem Be-reich ein Bodenaustausch bis in eine Tiefe von max. 0,5 m.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ergibt sich, dass der Altstandort erheblich mit Cer, Thorium sowie Uran verunreinigt ist. Für einen rund 3.500 m² und 7.000 m³ großen verunreinigten Bereich ist eine Mobilisierbarkeit und Tiefenverlagerung von Uran mit Sickerwasser möglich. Eine Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser ist aufgrund der hydrogeologischen Standortbedingungen unwahrscheinlich und sehr begrenzt. In Zusammenhang mit der aktuellen Nutzung ist auch keine relevante Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen gegeben. Der erheblich verunreinigte Bereich des Altstandortes "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: sehr groß

Auf einer Fläche von 3.500 m² ist der Untergrund mit Uran erheblich verunreinigt. Das Volumen des stark verunreinigten Bereiches kann mit 7.000 m³ abgeschätzt werden. Das im Untergrund in hohen Konzentrationen vorhandene Uran zeigt eine gute Mobilität und besitzt sehr schädliche Eigenschaften. Unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der Schadstoffmenge ergibt sich insgesamt ein sehr großes Schadstoffpotenzial.

Schadstoffausbreitung: lokal

Aufgrund der Untergrundverhältnisse und einer Teilversiegelung am Standort findet kein Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser statt. Die Schadstoffausbreitung ist insgesamt als lokal zu beurteilen.

Schutzgut: nutzbar

Der Altstandort liegt im Schongebiet der Heilquellen Oberlaa, allerdings werden die Thermalwässer aus rund vielen Hundert Metern Tiefe gespeist. Rund 150 m abstromig des Altstandortes befinden sich zwei Nutzwasserbrunnen (zur Bewässerung), die allerdings Grundwasser aus dem dritten Grundwasserstockwerk ab 45 m Tiefe entnehmen. Brunnen zur Trinkwasserversorgung sind nicht bekannt. Bestehende Grundwassernutzungen werden durch die Untergrundverunreinigungen nicht gefährdet. Das Grundwasserdargebot des ersten Grundwasserstockwerkes ist sehr gering. Insgesamt ist das Grundwasser in der Umgebung des Altstandortes als nutzbar einzustufen.

Prioritätenklasse - Vorschlag: 3

Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung des Altstandortes "Glühstrumpf-Fabrik Auer von Welsbach" in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

Datum der Texterstellung: November 2017