Altlast T16: Deponie Seebach

Bei der Altablagerung „Deponie Seebach“ handelt es sich um eine ehemalige Kiesgrube, die bis etwa Mitte der 1970er Jahre vorwiegend mit Hausmüll und Bauschutt verfüllt worden ist. Die Fläche der Deponie kann mit etwa 66.000 m2 und das Volumen mit etwa 285.000 m³ abgeschätzt werden. Teile der Ablagerung befinden sich im Grundwasserschwankungsbereich. 

Die Deponie enthält einen erheblichen Hausmüllanteil, dessen organische Bestandteile sich noch im Abbau befinden (Methangasproduktion). In den abgelagerten Materialien wurden vereinzelt stark erhöhte Schadstoffgehalte (Σ Kohlenwasserstoffe, Arsen, Zink, Blei, Chrom; Ammonium, CSB) festgestellt. Im Grundwasser ist durch die Altablagerung eine deutliche Beein­flussung der chemischen Zusammensetzung (Mineralisierung, Sauerstoffzehrung, Eintrag von Ammonium und organischen Abbauprodukten, Arsen) gegeben. Die Schadstofffrachten im Grundwasser sind groß. Die Altablagerung „Deponie Seebach“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird vorgeschlagen, die Altablagerung als Altlast auszuweisen und in die Prioritätenklasse 3 einzustufen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Lienz,
Nußdorf-Debant,
Unternußdorf,
456/1, 456/2, 456/3, 456/4
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altablagerung
Deponietyp: Kommunale Deponie
Art der Ablagerungen: Hausmüll,
Bauschutt
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 64.000 m²
Volumen Altlast (m³): 285.000 m³
Schadstoff(e) Deponiegas (Methan, Kohlendioxid)
Anorganische Schadstoffe
Metalle (Arsen)
Deponiesickerwasser (Ammonium)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 10.04.2009
Datum der Prioritätenfestlegung: 10.04.2009
Priorität: 3
Status Maßnahme: in Durchführung
Art der Maßnahme: Beobachtung

Beschreibung der Altablagerung

Die Altablagerung „Deponie Seebach“ liegt rund 2,5 km südöstlich von Lienz, unmittelbar nördlich der Drau. Die ehemalige Kiesgrube wurde bis etwa Mitte der 1970er Jahre verfüllt.

Auf einer Fläche von rund 66.000 m2 wurden Aushubmaterial, Abraum, Bauschutt sowie Hausmüll und gewerbliche Abfälle abgelagert. Die maximalen Ablagerungsmächtigkeiten betragen 7 bis 7,5 m. Die Ablagerungen haben ein Volumen von ca. 285.000 m3. Die Ablagerungen erfolgten ohne technische Einrichtungen zum Schutz des Grundwassers. Nach Abschluss der Ablagerungen wurde die Deponie abgedeckt.

Beschreibung der Untergrundverhältnisse

Die Geländeoberfläche der im Lienzer Talboden befindlichen Altablagerung liegt im westlichen Bereich auf etwa 660 m ü. A. und im östlichen Bereich auf etwa 656,5 m ü. A. Der Untergrund wird aus sandigen Kiesen aufgebaut. In diese können geringmächtige kiesige Sande unterschiedlicher Korngröße eingeschaltet sein. Diese Sedimente sind als Grundwasserleiter anzusprechen. Der Grundwasserstauer ist in einer Tiefe von rund 50 m unter GOK anzunehmen, innerhalb des Aquifers ist keine Grundwasserstockwerksgliederung gegeben.

Der Grundwasserspiegel liegt im Bereich der Altablagerung zwischen 4,7 m und 8,6 m unter Gelände. Im Zeitraum der Untersuchungen wurden Grundwasserspiegelschwankungen von rund 1,5 m beobachtet.

Die Grundwasserströmung ist in etwa nach Osten bis Ostsüdosten gerichtet. Der Grundwasserleiter ist gut durchlässig(kf-Werte zwischen 1·10-2 m/s bis 8·10-3 m/s). Das mittlere Grundwasserspiegelgefälle im Zeitraum der Untersuchungen beträgt rund 2 ‰.

Der Wasserspiegel der Drau liegt etwa 3,5 m über dem Grundwasserspiegel. Es ist daher von einer begrenzten Kommunikation zwischen Oberflächengewässer und Grundwasser auszugehen.

Die Sickerwassermenge im Bereich der Altablagerung kann mit ca. 40 m³/d abgeschätzt werden. Der Grundwasserdurchfluss über die gesamte Aquifermächtigkeit von ca. 50 m beträgt über eine angenommene Abstrombreite der Altablagerung von 100 m rund 5.900 m³/d. Der Grundwasserdurchfluss in dem von der Altablagerung grundsätzlich beeinflussbaren Grundwasserbereich (oberste 10 m des Aquifers) ist erheblich und kann mit ca. 1.200 m³/d abgeschätzt werden. Daraus kann eine resultierende Verdünnung des Sickerwassers im Grundwasser mit einem Faktor von rund 30 abgeschätzt werden.

Beschreibung der Schutzgüter und Nutzungen

Im westlichen Bereich der Altablagerung befindet sich ein Hundeabrichteplatz. In Richtung Osten befindet sich eine Modellrennbahn. An der Nordseite der Verdachtsfläche führt der Drau-Radweg entlang. Die Bereiche außerhalb der genutzten, umzäunten Bereiche liegen brach. Die benachbarten Grundstücke sind landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Grünland. Die Altablagerung befindet sich in einem für den Raum Lienz wasserwirtschaftlich bedeutenden Gebiet, innerhalb des Grundwasserkörpers Drautal, jedoch nicht innerhalb eines wasserrechtlich besonders geschützten Gebietes.

In der Umgebung der Altablagerung existieren mehrere Nutzwasserbrunnen. Für den nahen Abstrom der Altablagerungen sind keine hochrangigen Grundwassernutzungen bekannt. Etwa 1.100 m in südöstlicher Richtung befindet sich die Einzelwasserversorgung der Fa. Patterer, etwa 2.100 m in östlicher Richtung der Tiefbrunnen der Gemeinde Dölsach. Unmittelbar nördlich befindet sich die Altablagerung „Deponie Transportbeton“ und nordwestlich die Altablagerung „Deponie Rossbacher“.

Gefährdungsabschätzung

Bei der Deponie „Seebach“ handelt es sich um eine wiederverfüllte, ehemalige Kiesgrube. Bis etwa Mitte der 1970er Jahre wurden auf einer Fläche von rund 66.000 m² vorwiegend Hausmüll und Bauschutt ohne technische Maßnahmen zum Grundwasserschutz abgelagert. Die Fläche befindet sich in einem für den Raum Lienz wasserwirtschaftlich generell bedeutenden Gebiet.

Im Zuge von Bodenluftuntersuchungen wurden bereichsweise hohe Methangehalte gemessen, wobei die höchste Methangasproduktion im zentralen Bereich (>40 Vol%) bzw. westlich davon (10-20 Vol%) festgestellt wurde. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Altablagerung lokal einen hohen Anteil an organischen bzw. hausmüllähnlichen Abfällen enthält, deren Abbau noch nicht weit fortgeschritten ist. Durch die geophysikalischen Untersuchungen (Elektromagnetik, Geomagnetik und Geoelektrik) konnten Anhaltspunkte über jene Bereiche der Altablagerung gewonnen werden, in denen hohe Hausmüllanteile zu erwarten sind. An der Deponie Seebach kann – bis auf den westlichsten Teil der Ablagerung– über die Fläche verteilt mit Hausmüllablagerungen gerechnet werden, insbesondere im Bereich des Hundeabrichteplatzes und östlich davon bis etwa 100 m östlich der Modellrennbahn. Eine Gefährdung bestehender Nutzungen im Bereich der Altablagerungen durch Deponiegas ist nicht gegeben.

Hohe Hausmüllanteile, teilweise mit Mächtigkeiten der Hausmüllschichten bis zu 5 m, wurden durch die Baggerschürfe und Greiferbohrungen bestätigt. Anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse kann grob abgeschätzt werden, dass der Hausmüllanteil in der Altablagerung zwischen einem Drittel und der Hälfte des gesamten abgelagerten Materials beträgt. Im Zuge der Erkundungsarbeiten konnten Gesamtmächtigkeiten der Ablagerungen von bis zu 7,4 m festgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass sich Teile der Altablagerung bzw. des Müllkörpers – zumindest zeitweise – im Grundwasserschwankungsbereich befinden und ein Teil der Schadstoffe mobilisierbar ist.

Die Untersuchung von Feststoffproben aus den Baggerschürfen bzw. Greiferbohrungen ergab erhöhte Gesamtgehalte für den Parameter Summe Kohlenwasserstoffe sowie vereinzelt für Arsen, Zink, Blei und Chrom. Entsprechend den hohen Kohlenwasserstoffgesamtgehalten konnten in den Proben aus dem Ablagerungsbereich bis 5 m Tiefe erhöhte mobilisierbare Kohlenwasserstoffanteile gemessen werden. Außerdem wurden im Eluat hohe Ammonium-Gehalte sowie hohe CSB- und DOC-Gehalte festgestellt, die eine Folge des mikrobiellen Abbaus der organischen Müllbestandteile darstellen. Von den untersuchten Metallen konnten im Eluat für Arsen (und in einem Fall für Chrom) erhöhte Konzentrationen über dem Prüfwert, jedoch unter dem Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 gemessen werden. Die übrigen untersuchten Schwermetalle, insbesondere Zink und Blei, waren im Eluat nicht oder nur in unauffälligen Konzentrationen nachweisbar. Die Parameter Ammonium, CSB, DOC und Arsen lagen auch in den Eluaten von Proben aus dem Grundwasserschwankungsbereich in erhöhten Konzentrationen vor.

Das Grundwasser weist im Bereich der Altablagerung generell eine geringe Mineralisierung auf.

Bei Auswertung der Differenzschwellenwerte ergibt sich, dass sowohl das hydrochemische Milieu (reduzierende Verhältnisse) als auch die Mineralisierung des Grundwassers im Abstrom der Altablagerung verändert ist. Auffällig, jedoch aufgrund der Ergebnisse der Feststoffuntersuchungen zu erwarten, waren dabei vor allem erhöhte Ammoniumgehalte, die in den am nördlichen bzw. östlichen Deponierand gelegenen Messstellen (BH8, BH9, BH10, BH7 und BH3, weniger ausgeprägt an BH11) gemessen wurden. Ebenfalls auffällig waren die erhöhten Arsen-Konzentrationen im östlichen Bereich an den Messstellen BH7 und BH3, die den Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 in geringem Maße überschritten. Die erhöhten Konzentrationen des Arsens sind unter Berücksichtigung der im Untergrund herrschenden reduzierenden Bedingungen wahrscheinlich auf die Freisetzung aus (eisenhaltigen und manganhaltigen) Mineralen zurückzuführen.

Kohlenwasserstoffe, die in erhöhten Konzentrationen als leicht mobilisierbare Fraktion im Zuge der Abfallanalytik auffällig waren, konnten im Grundwasser nicht nachgewiesen werden.

Das Grundwasser im südlichen Randbereich der Altablagerung (BH5, BH4, BH11) zeigt eine wesentlich geringere Beeinflussung und Schadstoffbelastung verglichen mit den weiter nördlich gelegenen Messstellen. Dies ist höchstwahrscheinlich auf einen Verdünnungseffekt durch Infiltration aus der Drau zurückzuführen. Auch die Anstrommessstelle BH6 wird durch das Oberflächenwasser der Drau beeinflusst (elektr. Leitfähigkeit teilweise unter 200 µS/cm).

Anhand der tiefengestaffelt durchgeführten Grundwasseruntersuchungen ist eine Belastung des Aquifers über zumindest 10 m durch Ammonium und Arsen in vergleichbaren Konzentrationen, wie sie 1 m unter Grundwasserspiegel vorliegen, anzunehmen.

Eine Abschätzung der aus der Altablagerung mit dem Grundwasser ausgetragenen Schadstofffrachten über eine Abstrombreite von 100 m ergibt für Ammonium mit rund 3,6 kg/d eine große Fracht. Für Arsen liegt mit rund 4 g/d keine erhebliche Fracht vor.

Die weiteren untersuchten Schadstoffe (BTEX, LHKW, KW, Schwermetalle ausgenommen Eisen und Mangan) waren im Grundwasser in der Regel nicht oder nur in geringen Konzentrationen nachweisbar.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen zusammenfassend, dass die Altablagerung ein erhebliches Schadstoffpotential aufweist und durch Sickerwässer aus dem Ablagerungsbereich eine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität verursacht wird. Die Altablagerung stellt daher eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

Prioritätenklassifizierung

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: erheblich (1)

Es handelt sich um eine große, kommunale Altablagerung. Im Hinblick auf das  Schadstoffpotenzial liegt Hausmüll als dominierende Stoffgruppe vor. Es wurden keine relevanten Anteile an Abfällen mit stark erhöhtem Schadstoffpotenzial festgestellt. Dementsprechend definiert sich das maßgebliche Schadstoffpotenzial durch den abgelagerten Hausmüll und andere gut abbaubare Abfälle. Die Hausmüllmenge kann grob auf ein Drittel bis die Hälfte der Ablagerungskubatur abgeschätzt werden (>100.000 m³), wobei nur ein Teil der Hausmüllablagerungen noch eine hohe Reaktivität aufweist. Ausgehend von der Stoffgefährlichkeit von Hausmüll, der abgeschätzten Hausmüllmenge und der festgestellten Reaktivität ist das Schadstoffpotenzial insgesamt als erheblich zu bewerten.

Ausbreitung der Schadstoffe: begrenzt (2)

Die Verunreinigung des Grundwassers ist weitgehend auf den unmittelbaren Deponiebereich beschränkt, nicht zuletzt aufgrund der Grundwasserströmungsrichtung entlang der langgestreckten Altablagerung. Es ist davon auszugehen, dass Teile der Ablagerungen bzw. des Hausmülls von Grundwasser zeitweise eingestaut sind. Die Grundwasserneubildungsrate im Bereich der Altablagerung ist als groß zu bewerten. Aufgrund der großen Grundwasserdurchflussmenge sind die mit dem Grundwasser transportierten Schadstofffrachten als groß zu bewerten. Unter den gegebenen hydrogeologischen Randbedingungen und der Geometrie der Altablagerung ist eine kurze Schadstofffahne anzunehmen. Die Schadstoffausbreitung ist als begrenzt zu bewerten. Aufgrund der Art und des Alters der Kontamination ist keine weitere Ausdehnung der Schadstofffahne zu erwarten.

Bedeutung des Schutzgutes: gut nutzbar (2)

Das Grundwasservorkommen ist grundsätzlich quantitativ gut nutzbar. Im nahen Abstrombereich der Altablagerung sind keine hochrangigen Nutzungen des Grundwassers vorhanden oder geplant. Bestehende Grundwassernutzungen werden derzeit und auch mittel- bis langfristig nicht beeinträchtigt. Die Altablagerung liegt nicht innerhalb eines wasserrechtlich besonders geschützten Gebietes. Aufgrund der hohen Ergiebigkeit weist der Grundwasserkörper eine generelle wasserwirtschaftlichen Bedeutung auf. Das Grundwasser im Bereich der Altablagerung ist als gut nutzbar einzustufen.

Vorschlag Prioritätenklasse:  3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der voranstehenden Gefährdungsabschätzung und den im Altlasten­sa­nierungs­gesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umwelt­bundes­amt die Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vor.

Datum der Texterstellung: November 2008