Altlast ST16: Schwellenimprägnierung Stainach

Im Bereich des Altstandortes wurden etwa 1882 bis 1906 Bahnschwellen mit Teeröl imprägniert. Ausgehend vom Standort der Imprägnierung haben sich entsprechend den heterogenen Untergrundverhältnissen auf einer Fläche von insgesamt rund 3.800 m² mehrere nicht zusammenhängende Teerölphasen am Stauer des ersten Grundwasserstockwerks ausgebreitet, im Bereich des Altstandortes sind auch Verunreinigungen der ungesättigten Zone vorhanden.

Ausgehend von den Bereichen mit Teerölphase und erheblich kontaminierten Untergrundbereichen haben sich im Grundwasser mehrere Schadstofffahnen mit Belastungen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und untergeordnet mit heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ausgebildet. Die abströmenden Schadstofffrachten sind erheblich, mittel- bis langfristig kann auch eine weitere Ausdehnung der Teerölphase und der gelösten Schadstofffahne nicht ausgeschlossen werden.

Die Verunreinigungen des Untergrundes im Bereich der ehemaligen Schwellenimprägnierung verursachen eine erhebliche Gefährdung des Grundwassers. Die erheblich kontaminierten Bereiche stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Liezen,
Stainach-Pürgg,
Stainach,
306/1, 306/2, 307/2, 320, 638/1
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Holzimprägnierwerk
Fläche Altlast (m²): 17.000 m²
Schadstoff(e) Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.04.1996
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.01.2014
Priorität: 3
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 30.05.1996

BETRIEBLICHE ANLAGEN UND TÄTIGKEITEN

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort „Schwellenimprägnierung Stainach befindet sich am westlichen Ende von Stainach zwischen der Ennstal Bundesstraße und den Streckengleisen Richtung Schärding und Bischofshofen. Rund 400 m östlich des Altstandortes befindet sich der Bahnhof Stainach-Irdning.

Am Altstandort wurden auf einer Fläche von rund 15.000 m² vermutlich etwa zwischen 1882 bis 1906 von der Firma Löwenfeld Bahnschwellen imprägniert. Als Imprägniermittel wurden Teeröle eingesetzt, es wird vermutet, dass die Imprägnierung auch mittels mobiler Anlagen durchgeführt wurde. Nähere Angaben zu Anlagenteilen, Menge und Art der eingesetzten Imprägniermittel sowie Dauer der Imprägnierung sind nicht bekannt.

In den späten 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden bei Kanalgrabungsarbeiten Verunreinigungen des Untergrundes durch Teeröle festgestellt. Bei Untersuchungen im Jahr 1991 und den im Jahr 1995 durchgeführten Aushubmaßnahmen wurde festgestellt, dass sowohl die laterale als auch die vertikale Ausdehnung der Kontaminationen größer ist als ursprünglich angenommen.

Im Zuge von Gleisausbauarbeiten wurde im Jahr 2000 eine Teerölkontamination rund 150 m östlich des Altstandortes festgestellt, ein Zusammenhang mit der Kontamination des Imprägnierwerks ist nicht gegeben. Diese lokal begrenzte Kontamination wurde im Jahr 2000 und 2002 durch Aushub von stark kontaminiertem Material und Umspundung der Restkontaminationen gesichert.

Untergrundverhältnisse

Der Standort befindet sich am nördlichen Rand des ebenen Talbodens des Ennstales. Beim Ennstal handelt es sich um ein glazial übertieftes Tal, dessen sedimentäre Talfüllung mehr als 100 m mächtig sein kann. Der Untergrund am Altstandort wird durch eine Abfolge bzw. Wechsellagerung von steinig‑sandigen Kiesen und feinkörnigen tonig‑schluffigen Sedimenten geprägt. Dem natürlichen Aufbau des Untergrundes entsprechend kann als generalisierte Schichtenfolge etwa folgendermaßen angegeben werden:

  • schluffige Deckschicht; Mächtigkeit ca. 1,5 m
  • sandige Kiese; Mächtigkeit ca. 3 bis 5 m
  • Schluffe mit Ton- und Torflagen; Mächtigkeit ca. 0,5 bis 3 m
  • sandige Kiese; Mächtigkeit ca. 5 bis 6 m
  • Schluffe mit Ton- und Torflagen; Mächtigkeit bis ca. 3 m
  • sandige Kiese; Mächtigkeit nicht bekannt

Dem dargestellten Untergrundaufbau entsprechend sind bis in eine Tiefe von 30 m bis zu drei Grundwasserhorizonte innerhalb der Kiesschichten ausgebildet. Der erste und zweite Aquifer besteht aus dunkelgrauen Sanden und sandigen Kiesen, der dritte Aquifer wird überwiegend von braunen sandigen Kiesen gebildet. Der erste Aquifer keilt nördlich des Streckengleises Richtung Bischofshofen aus und geht unmittelbar in eine ca. 11 m mächtige schluffig-tonige Deckschicht über.

Der Flurabstand im ersten Aquifer beträgt etwa 1 bis 2 m, die beiden tieferen Grundwasserstockwerke weisen gespanntes Grundwasser mit einer etwas höheren Druckhöhe auf. Grundsätzlich ist die Druckhöhe des dritten Grundwasserstockwerks höher als jene des zweiten. Die Grundwasserströmungsrichtung ist im Bereich des Altstandortes bei allen drei Grundwasserstockwerken nach Ost bis Südost gerichtet. Das Grundwasserspiegelgefälle beträgt im ersten Aquifer rund 0,2 bis 0,4 %, in den beiden darunterliegenden Grundwasserstockwerken ist das Gefälle etwa eine Zehnerpotenz geringer. Im ersten Aquifer wurden Durchlässigkeiten zwischen 3x10-4 m/s bis 2,5x10-3 m/s ermittelt, im zweiten und dritten Aquifer wurden etwas geringere Durchlässigkeiten im Bereich zwischen 1x10-4 m/s bis 1x10-3 m/s festgestellt.

Der spezifische Grundwasserdurchfluss kann im Abstrom des Altstandortes im ersten Aquifer mit rund 0,8 m³/d,m und für den zweiten Aquifer mit ca. 0,03  m³/d,m abgeschätzt werden. Bezogen auf die gesamte Standortbreite ergibt sich ein Grundwasserdurchfluss von rund 50 m³/d im ersten und rund 1,5 bis 2,0 m³/d im zweiten Aquifer. Für den dritten Aquifer kann mangels Kenntnis der Mächtigkeit die Durchflussmenge nicht ermittelt werden, Gefälle und Durchlässigkeit entsprechen etwa jenem des zweiten Aquifers.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort ist vollständig durch Betriebsgebäude verschiedener Gewerbebetriebe bebaut und größtenteils versiegelt. In den Randbereichen befinden sich in Betrieb befindliche Gleisanlagen sowie Straßen. Die Umgebung des Altstandortes wird generell land- und forstwirtschaftlich genutzt, östlich und nördlich angrenzend befinden sich auch betriebliche Nutzungen. Rund 400 m östlich des Altstandortes liegt der Bahnhof Stainach-Irdning, hier beginnt auch das Siedlungsgebiet von Stainach.

Das Grundwasser am Altstandort wird weder im Bereich des Altstandortes noch im direkten Abstrom genutzt. Rund 1.200 m in Richtung Ostnordost und ca. 1.000 m in Richtung Ost bestehen wasserrechtlich bewilligte Grundwasserentnahmen (Nutzung der Alpenfleisch KG und der Landgenossenschaft Ennstal), beide Brunnen erschließen nur den dritten Aquifer. In der Umgebung bestehen noch einige Wasserrechte betreffend betrieblicher und kommunaler Kläranlagen sowie von Versickerungen, der Bereich des Altstandortes und der unmittelbare Abstrombereich sind davon nicht betroffen.

 

UNTERSUCHUNGEN

Untersuchungen und Sanierungsmaßnahmen bis 1996

Im Frühjahr 1977 wurden bei Kanalgrabungsarbeiten im Bereich des Altstandortes Verunreinigungen des Untergrundes durch Teeröle festgestellt. An Wasserproben aus fünf Grundwassersonden im Bereich des Altstandortes wurden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) qualitativ nachgewiesen.

In den Jahren 1984 und 1987 wurden jeweils an zwei Grundwassersonden im südlichen Bereich des Altstandortes Wasserproben gezogen. An den Grundwasserproben aus dem Jahr 1984 wurden fünf Einzelsubstanzen bestimmt. Es konnten PAK-Gehalte von 63,4und 180 µg/l festgestellt werden. An den Grundwasserproben aus dem Jahr 1987 wurden neun Einzelsubstanzen bestimmt. Es konnten PAK-Gehalte von 8,9 und 36,5 µg/l nachgewiesen werden.

Im Mai 1990 wurden insgesamt 29 Schürfe bis zu 5 m Tiefe abgeteuft. Aus den Schürfen wurden tiefengestaffelt 61 Feststoffproben entnommen und davon Eluate hergestellt. An Eluaten der Feststoffproben wurden die PAK-Gehalte bestimmt. Die Verladeanlage befand sich etwa im späteren Aushubbereich.

Im Sommer 1991 wurden im Bereich des Altstandortes insgesamt 15 Kernbohrungen abgeteuft. Im Bereich der ehemaligen Verladeanlage wurde bei zwei Bohrungen im Tiefenbereich von 2 bzw. 4 m unter Gelände bis etwa 7 m unter Gelände Teeröl in Phase angetroffen. An den Bohrkernen von fünf weiteren Bohrungen wurden Teerölverunreinigungen organoleptisch aufgrund des Geruches beobachtet. Aus 11 Kernbohrungen wurden tiefengestaffelt insgesamt 25 Feststoffproben entnommen und Eluate hergestellt. An den Eluaten wurden die PAK-Gehalte bestimmt.

Im Eluat einer Feststoffprobe südlich des Streckengleises aus ca. 6,5 m Tiefe wurde auch ein KW-Gehalt von 0,17 mg/l nachgewiesen.

Im September 1991 wurden aus sieben Grundwassermessstellen im Bereich des Altstandortes Wasserproben entnommen. An den Wasserproben wurden die Parameter pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit, Summe PAK und Summe Kohlenwasserstoffe bestimmt.

Bei Untersuchungen einer nahegelegenen Untergrundverunreinigung wurden im Jahr 2001 auch im südlichen Abstrom des Altstandortes massive PAK-Belastungen bis 87 µg/l festgestellt.

Im Jahr 1995 wurden in einem Teilbereich des Altstandortes insgesamt rund 16.000 to kontaminierter Untergrund durch Aushub entfernt. Der Aushub erfolgte innerhalb einer Umspundung, die Spundbohlen wurden im Untergrund belassen. Aufgrund des Zutritts von gespanntem Wasser wurde der Aushub nur bis ca. 7,5 m unter GOK durchgeführt. Die Kontaminationen waren zum Teil tiefer reichend und vor allem Richtung Süden mit den Aushubmaßnahmen nicht vollständig erfasst.

Untersuchungen 2010 bis 2012

Im Bereich des Altstandortes “Schwellenimprägnierung Stainach“ wurden im Zuge der ergänzenden Untersuchungen gemäß § 14 ALSAG im Zeitraum von 2010 bis 2012 folgende Untersuchungen durchgeführt.

  • Abteufen von 51 Rammkernsondierungen DN 50 zwischen 6 bis 10 m unter GOK

  • Abteufen von 29 Trockenkernbohrungen DN 220 zwischen 7,6 bis 20 m unter GOK

  • Entnahme von insgesamt 522 Feststoffproben aus insgesamt 80 Trockenkernbohrungen und 7 Bohrungen zur Errichtung von Grundwassermessstellen

  • Analyse von 113 Feststoffproben

  • Errichtung von insgesamt 16 Grundwassermessstellen an 7 Standorten (je drei Doppel- und Dreifachmessstellen und eine Einzelmessstelle)

  • Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben aus 15 bis 22 Messstellen an vier Terminen

  • Messung der Teerölphase an 4 Terminen

  • Durchführung von 8 h-Pumpversuchen bei 9 Grundwassermessstellen und Entnahme von Grundwasserproben während der Pumpversuche

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Im Bereich des Altstandortes „Schwellenimprägnierung Stainach“ wurden auf einer Fläche von rund 15.000 m² vermutlich etwa zwischen 1882 bis 1906 Bahnschwellen imprägniert. Als Imprägniermittel wurde Teeröl eingesetzt, es wird vermutet, dass die Imprägnierung auch mittels mobiler Anlagen durchgeführt wurde. Nähere Angaben zu Anlagenteilen, Menge und Art der eingesetzten Imprägniermittel sowie Dauer der Imprägnierung sind nicht bekannt. In den 70-iger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden im Bereich des Gleisdreiecks Verunreinigungen des Untergrundes mit Teerölen festgestellt und 1995 ein Teil der Verunreinigungen durch Aushubmaßnahmen auf einer Fläche von rund 1.500 m² entfernt.

In den 90-iger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden im Bereich der Verladerampe die höchsten PAK-Kontaminationen vorgefunden und bis zu einer Tiefe von rund 7 m unter GOK ausgehoben. Vor allem unmittelbar östlich des Aushubbereiches sind auch aktuell noch oberflächennahe Kontaminationen auf einer Fläche von rund 1.500 m²  vorhanden. Zum Teil sind auch tieferliegende Kontaminationen etwa in der Höhenlage des ersten Stauers im Bereich des Altstandortes vorhanden. Diese tieferreichenden stärker kontaminierten Bereiche können mit rund 600 m² westlich sowie rund 300 und 200 m² östlich des Aushubbereiches abgegrenzt werden. Aufgrund des lokal sehr wechselhaften Untergrundaufbaues können die Eintragsstellen und Ausbreitungswege der Kontaminationen nur ansatzweise nachvollzogen werden, weitere lokale Kontaminationsbereiche sind nicht auszuschließen. Grundwasser wurde im Bereich des Gleisdreiecks erst in größerer Tiefe angetroffen und entspricht dem zweiten Grundwasserstockwerk, der erste Aquifer ist im Bereich des Gleisdreiecks nicht ausgebildet.

Ausgehend von stark kontaminierten Bereichen mit Teerölphase im südlichen Teil des Gleisdreiecks hat sich die Teerölphase am Stauer des ersten Aquifers unterhalb der Bahnstrecke Richtung Bischofshofen nach Süden und Südosten ausgebreitet. Entsprechend der Morphologie des Stauers hat sich die Kontamination westlich und östlich einer Stauerhochlage („Staurücken“) ausgebreitet. Im westlichen Bereich ist anzunehmen, dass eine geringmächtige Teerölphase auf einer Fläche von rund 450 m² vorliegt. Östlich des Stauerrückens wurde Phase auf einer Fläche von rund 300 m² festgestellt, die in der Messstelle GW 4-1 gemessene Phasenmächtigkeit beträgt rund 70 cm. Etwa 30 m ostsüdöstlich beginnt ein Bereich mit einer geringmächtigen Teerölphase, die sich in weiterer Folge entsprechend einer steiler abfallenden Staueroberfläche weiter Richtung Südosten ausgebreitet hat. Im Bereich des steiler abfallenden Stauers wurden bei den Aufschlüssen Phasenmächtigkeiten von rund 80 bis 100 cm festgestellt. Das Ende dieses Bereiches mit Teerölphase kann rund 100 m abstromig der Messstelle GW 5 angenommen werden, insgesamt kann die Fläche mit rund 1.400 m² abgeschätzt werden. Aufgrund der Phasenmächtigkeit und dem mit ca. 8 % sehr steil abfallenden Stauer kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Teerölphase noch weiter ausbreitet.

Annahme: 20% Porenvolumen Gleisdreieck West Gleisdreieck Ost unterhalb Gleiskörper Abstrom West Abstrom Ost weiterer Abstrom gesamt
Phasenmächtigkeiten [cm] 50 bis 120 30 (OF-nah) unbekannt 30 bis 40 rund 50 10 bis 100 -
Fläche [m²] 300 100 ca. 1.200 450 300 1.400 rd. 3.800
Volumen mit Phase [m³] 250 30 600 150 150 900 2.080
Menge Teeröl [l] 50.000 6.000 120.000 30.000 30.000 180.000 416.000

Anhand der Untersuchungsergebnisse kann daher insgesamt eine Teerölmenge von rund 420.000 Liter verteilt auf eine Fläche von rund 3.800 m² abgeschätzt werden. Aufgrund der sehr heterogenen Untergrundverhältnisse sowie der fehlenden Erkundung des Untergrundes im Bereich der Gleistrasse ist die Abschätzung mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine deutlich größere Ausdehnung der Phasenbereiche kann aufgrund der zahlreichen organoleptisch sauberen Bohrungen im Umkreis jedoch weitgehend ausgeschlossen werden, sofern keine weiträumige Ausbreitung entlang lokal kleinräumiger Rinnenstrukturen des Stauers stattgefunden hat.

Ausgehend von den Bereichen mit Teerölphase sowie der erheblich kontaminierten Untergrundbereiche haben sich im Grundwasser Schadstofffahnen mit gelösten Schadstoffen ausgebildet. Im Wesentlichen ist das Grundwasser mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet. Die Kontaminationen mit heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen liegen in einem deutlich geringeren Konzentrationsbereich, korrelieren mit den PAK-Belastungen und können als Begleitkontamination bewertet werden. Belastungen mit Phenolen und aromatischen Kohlenwasserstoffen wurden nur bei der Messstelle GW 4-1 nachgewiesen und können als untergeordnet bewertet werden.

Bei der Messstelle GW 4-1 im direkten Phasenbereich (Phasenmächtigkeit rund 70 cm) wurden mit mehreren tausend µg/l gelöste PAK die höchsten Konzentrationen gemessen, Hauptkontaminant war mit 73 bis 85 % Anteil Naphthalin. Im Abstrom dieses Schadensbereiches und beim Beginn des abströmigen Phasenkörpers (GW 5-1) wurden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in einer Größenordnung von einigen hundert µg/l festgestellt, Hauptkontaminant war ebenfalls Naphthalin (60 bis 80 % Anteil) sowie Acenaphthen in relevantem Anteil (15 bis 26 %). Die etwas weiter abstromig situierte Messstelle KB 6 weist etwa die gleiche Zusammensetzung der PAK auf (etwas geringere Naphthalinanteile bei etwas höheren Acenaphthenanteilen), die Konzentrationen waren mit rund 60 bis 200 µg/l geringer.

Im direkten Abstrom des Phasenkörpers (Messstelle GW 2-1) wurden gelöste PAK im Bereich von rund 30 bis 100 µg/l nachgewiesen. Hauptkontaminant war Acenaphthen mit einem Anteil zwischen 38 bis 90 % (im Mittel 79 %), Naphthalin war im Bereich von 0 bis 46 % (im Mittel 7 %) vertreten. Im weiteren Abstrom (Messstelle GW 6-1) wurden PAK-Gehalte nur mehr in Spuren bis 1,4 µg/l nachgewiesen, im Zuge des 8-stündigen Pumpversuchs war jedoch ein deutlicher Anstieg der Konzentrationen bis 22 µg/l zu verzeichnen. Hauptkontaminant war Acenaphthen mit Anteilen zwischen rund 66 bis 96 % (im Mittel 80 %), im Zuge der Pumpversuche wurde auch ein Anteil von Anthracen von rund 10 bis 28% nachgewiesen. Naphthalin war im weiteren Abstrom bis auf einen abweichenden Wert nur in sehr geringen Gehalten unter 1 % vertreten.

Die Messstelle GW 7-1 befindet sich anhand der Ergebnisse des 8-stündigen Pumpversuchs im Randbereich der Schadstofffahne. Auf Basis des Konzentrationsniveaus (rund 3 bis 18 µg/l PAK) und der Zusammensetzung der PAK (82 bis 99 % Acenaphthen) ist zu vermuten, dass die Messstelle GW 7-1 im Abstrom einer Schadstofffahne aus dem Bereich des Gleiskörpers liegt.

Im Abstrom des westlichen Phasenbereichs (KB 5 und Sonde West) wurden gelöste PAK-Gehalte zwischen rund 30 bis 40 µg/l festgestellt, der Anteil von Naphthalin ist von der Messstelle KB 5 bis Sonde West sinkend, jener an Acenaphthen steigend. Die Analysenergebnisse aus der Messstelle GW 3-1 rund 100 m abstromig des Phasenbereichs zeigen nur mehr sehr geringe PAK-Gehalte.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im Grundwasser vor allem aus den Bereichen mit Teerölphase Schadstofffahnen unterschiedlicher Konzentrationen und Zusammensetzungen ausgebildet haben. Hohe Naphthalingehalte sind vorwiegend im Nahbereich der Phasenpools gegeben, im Verlauf der Grundwasserströmung ist im Abstrom eine Verschiebung der PAK-Zusammensetzung hin zu Acenaphthen zu verzeichnen.

Im Abstrombereich des westlichen Phasenbereichs sind erhebliche gelöste PAK- Schadstofffrachten im Grundwasser vorhanden, das Verhältnis Naphthalin zu PAK-15 ist etwa ausgeglichen. Im Bereich des beginnenden abstromigen Phasenbereichs sind die abströmenden Frachten an PAK-15 und Naphthalin als groß zu bewerten. Auch im direkten Abstrom der Teerölphase strömt noch eine erhebliche Fracht an PAK mit dem Grundwasser ab, der Anteil an Naphthalin ist als untergeordnet zu bewerten. Im weiteren Abstrom (rund 50 m abströmig des Phasenendes) sind nur noch geringe abströmende Schadstofffrachten zu verzeichnen, im Zuge des Pumpversuchs wurden jedoch steigende Gehalte festgestellt und insgesamt eine erheblich Fracht an PAK-15.

Im Hauptschadensbereich (GW 4-1) wurden generell sehr große abströmende Schadstofffrachten an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK-15 zwischen 23 bis 42 g/d, Naphthalin zwischen 72 bis 113 g/d) sowie erhebliche Frachten an Mineralölkohlenwasserstoffen (KW-Index zwischen 100 bis 200 g/d) und heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (rund 9 g/d) festgestellt.

Bei Annahme einer durchschnittlichen Zusammensetzung von Steinkohleteeröl (ca. 85 % polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Dichte 1,1 g/cm³; Quelle: Leitfaden Natürliche Schadstoffminderung bei Teerölaltlasten, KORA-Themenverbund 2, Oktober 2008) ergibt sich eine theoretische PAK-Menge von rund 390 to. Eine Summierung der mit dem Grundwasser in gelöster Form transportierten PAK-Menge ergibt aktuell rund 50 kg/a. Unter Vernachlässigung einer üblicherweise exponentiellen Abnahme der Auswaschungsvorgänge ergibt sich rein rechnerisch ein Zeitraum von rund 8.000 Jahren bis zu einem vollständigen Abtransport der in der Teerölphase enthaltenen Schadstoffe. Tatsächlich ist mit einem längeren Zeitraum zu rechnen, zudem ist davon auszugehen, dass nicht mehr mobile Restbelastungen auf unbestimmte Zeit im Untergrund verbleiben.

Die Belastungen des zweiten Grundwasserstockwerks sind als lokale Belastungen im Nahbereich der Eintragsstellen zu bewerten, eine weitere Ausbreitung wurde nicht festgestellt und ist auch zukünftig nicht zu erwarten. Im dritten Grundwasserstockwerk wurde keine Beeinflussung der Qualität festgestellt, aufgrund der hydrogeologischen Situation ist auch zukünftig keine Gefahr für das Grundwasser des dritten Aquifers gegeben.

Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass sich im Untergrund ausgehend von Eintragsstellen im Bereich des Altstandortes eine Teerölphase entlang des ersten Stauers ausgebreitet hat. Entsprechend den heterogenen Untergrundverhältnissen und der Struktur des Stauers haben sich auch unterhalb der Gleistrasse und südlich des Gleisdreiecks mehrere Bereiche mit Teeröl in Phase auf einer Fläche von insgesamt rund 3.800 m² ausgebreitet. Die Teerölmenge im Untergrund kann auf rund 420.000 Liter geschätzt werden. Im Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser des ersten Grundwasserstockwerks massiv mit teeröltypischen Schadstoffen (vor allem polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und aliphatischen Kohlenwasserstoffen) belastet, im Grundwasserabstrom sind vor allem Belastungen mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen gegeben. Die abströmenden Schadstofffrachten an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (v.a. Acenaphthen) sind erheblich, die Länge der Schadstoffahne kann auf rund 100 bis 150 m geschätzt werden. Aufgrund der teils mächtigen Teerölphase und dem steil abfallenden Stauerrelief kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Teerölphase noch weiter ausbreitet und sich mittel- bis langfristig auch eine längere Schadstofffahne ausbildet. Die erheblich kontaminierten Bereiche stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: groß

Im Bereich des Altstandortes wurden etwa von 1882 bis 1906 Bahnschwellen mit Teeröl imprägniert. Ausgehend von Eintragsstellen im Bereich des Altstandortes hat sich am Stauer des ersten Grundwasserstockwerks eine Teerölphase ausgebreitet. Im Bereich des Altstandortes sind rund 2.500 m³ westlich und 5.000 m³ östlich des ehemaligen Aushubbereiches stark kontaminiert, Grundwasser ist im Bereich des Gleisdreiecks nicht vorhanden. Die Teerölphase hat sich entsprechend der heterogenen Untergrundverhältnisse und der Struktur des Stauers auf einer Fläche von insgesamt rund 3.800 m² in zumindest drei nicht zusammenhängenden Bereichen bis in eine Entfernung von rund 180 m des Altstandortes ausgebreitet. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe weisen aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften eine hohe Stoffgefährlichkeit auf. Insgesamt kann der mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen erheblich verunreinigte Untergrund im Bereich des Altstandortes und dem Abstrombereich mit rund 15.000 m³ abgeschätzt werden, davon ca. 420.000 Liter Teeröl. Die im Untergrund vorhandene Schadstoffmenge an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kann mit rund 400 to abgeschätzt werden. Insgesamt ergibt sich ein großes Schadstoffpotenzial.

Schadstoffausbreitung: begrenzt

Im Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser massiv mit PAK und anderen teeröltypischen Schadstoffen belastet. Abstromig der Teerölphase sind im Grundwasser vor allem Belastungen mit Acenaphthen und untergeordnet auch mit anderen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen gegeben. Die mit dem Grundwasser transportiere gelöste Schadstofffracht an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kann mit rund 0,5 bis 3,5 g/d für PAK-15 abgeschätzt werden und ist als erheblich zu bewerten, die abströmenden Schadstofffrachten an Naphthalin sind gering. Die Länge der aktuellen Schadstofffahne kann mit rund 100 bis 150 m abgeschätzt werden. Aufgrund der teils mächtigen Teerölphase und dem steil abfallenden Stauerrelief kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Teerölphase noch weiter ausbreitet und sich mittel- bis langfristig auch eine längere Schadstofffahne ausbildet. Aufgrund Alter und Art der Schadstoffe sowie der hydrogeologischen Randbedingungen ist eine Ausbreitung der Schadstofffahne auf maximal 300 m zu erwarten. Der erheblichen Schadstofffracht und der langen Schadstofffahne entsprechend ist die Schadstoffausbreitung insgesamt als begrenzt zu beurteilen.

Bedeutung des Schutzgutes: nutzbar

Das Grundwasser des ersten Grundwasserstockwerkes ist grundsätzlich quantitativ nutzbar, das Grundwasserdargebot ist gering. Weder im Bereich des Altstandortes noch im mittelbaren Abstrom sind Grundwassernutzungen vorhanden. Aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung sowie des geringen Dargebots sind auch zukünftig keine Grundwassernutzungen des ersten Grundwasserstockwerks im Abstrom zu erwarten. Das zweite Grundwasserstockwerk ist mit einem Dargebot von rund 0,03 m³/m,d sehr unergiebig, es bestehen keine Nutzungen und sind auch zukünftig nicht zu erwarten.

Prioritätenklasse - Vorschlag: (3)

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

Texterstellung:    Mai 2013